Remote Audit – Anwendungsmöglichkeiten, Ablauf und Herausforderungen
In der Norm DIN EN ISO 19011:2018 – Leitfaden zum Auditieren von Managementsystemen – werden Remote-Auditmethoden angesprochen, die keine physische Anwesenheit des Auditors voraussetzen.
Spannend werden die Remote-Auditmethoden in Kombination mit der größeren Vernetzung und Globalisierung von Unternehmen und neuen technischen Möglichkeiten. Aber auch die Corona-Pandemie hat dazu geführt, dass Remote Audits in größerem Umfang als bisher ermöglicht werden – auch, weil klassische „On-Site“ Audits keine Option darstellen.
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Remote-Auditmethoden im Überblick
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Remote-Auditmethoden anzuwenden. Dank des heutigen Stands der Technik lassen sich somit alle Auditstufen auf diese Weise abbilden.
Fully Remote Audit
„Fully Remote“ bedeutet, dass das Audit komplett als ein Remote Audit durchgeführt wird – von der Planung über die Durchführung bis hin zur Verifikation der Maßnahmen. Auditor und Auditierte befinden sich während des gesamten Audits an unterschiedlichen Orten.
Partly Remote Audit
„Partly Remote“ beschreibt das Vorgehen, bei dem das Audit nur teilweise vor Ort stattfindet und/oder beispielsweise Auditor und Co-Auditor von unterschiedlichen Orten aus auditieren.
Remote Follow-up
Das „Remote Follow-up“ beschreibt ein Nachaudit, das aus der Ferne durchgeführt wird, um zum Beispiel eine erneute Anreise zu vermeiden.
Expert Remote Audit
Wenn im Rahmen des Audits ein Experte hinzugezogen wird, der sich nicht vor Ort befindet, spricht man von einem „Expert Remote“ Audit.
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Ablauf eines Remote Audit
Im Wesentlichen läuft ein Remote Audit wie ein herkömmliches Audit ab. Wie bei anderen Audits auch, müssen zunächst alle Beteiligten über das bevorstehende Audit informiert werden. Dies gibt den Auditierten die Möglichkeit, notwendige Dokumente vorzubereiten und sich mit der Technik (Software, Hardware) vertraut zu machen. Wichtig ist es, dass Auditor und Auditierte die Technik vor dem Audit überprüfen.
Für wen und wann sind Remote Audits sinnvoll?
Ein Remote Audit ist immer dann sinnvoll, wenn ein Unternehmen sehr viele Standorte hat – ob national oder international. Auch die Maßnahmenverfolgung kann in vielen Fällen gut aus der Ferne erfolgen. Es fallen keine Reisekosten an und die Zeit für An- und Abreise entfällt.
Sofern die technische Infrastruktur bereits vorhanden ist, lassen sich Remote Audits sehr kurzfristig organisieren. Weiterhin können beliebig viele Spezialisten in das Audit eingebunden werden, ohne dabei Mehrkosten zu erzeugen. Der zeitliche Verzug zwischen Datenerhebung und Datenauswertung kann durch ein Remote Audit verkleinert und die Qualität der Auswertung erhöht werden.
Und auch in Nicht-Pandemie-Zeiten können Remote Audits bei Reisebeschränkungen eine sinnvolle Alternative sein und auch gesundheitliche Risiken durch die Reisetätigkeit minimieren.
Voraussetzungen für Remote Audits
Um Remote Audits durchzuführen, sind die entsprechende Hard- und Software im Unternehmen und den zu auditierenden Standorten nötig. So sollten ausreichend Tablets oder Laptops, Headsets, Webcams und eine stabile Internetverbindung mit entsprechender Bandbreite vorhanden sein, aber auch Tools wie beispielsweise Microsoft Teams, WebEx oder Zoom, um nur einige wenige zu nennen. Dies bedeutet für Unternehmen erst einmal eine Investition, die sich durch eingesparte Reisekosten jedoch schnell amortisiert.
Sinnvoll ist es, wenn beide Auditparteien das gleiche Equipment benutzen, um den Abstimmungsbedarf und technische Störungen zu minimieren. Um Daten- und Informationssicherheit gewährleisten zu können, ist eine sichere Verbindung und der bewusste Umgang mit den Daten von Bedeutung. Je nach Sicherheitsauflagen des Unternehmens schränkt das die Möglichkeiten eines Remote Audits ein, wenn beispielsweise Sperrzonen in einem Unternehmen auditiert werden sollen oder bestimmte Produkte und Dokumente sehr hohen Sicherheitsanforderungen unterliegen. Hierbei gilt, dass der Auditierte die Sicherheitsanforderungen festlegt, ggf. in Abstimmung mit der Sicherheitsabteilung.
Neben den technischen Voraussetzungen ist es wichtig, dass die handelnden Auditoren über die nötigen Kompetenzen verfügen. Sie sollten grundsätzlich bereit sein, ein Audit nicht mehr nur vor Ort durchzuführen, mit der Technik umgehen können und den technischen Fortschritt im Blick behalten.
Eine weitere Voraussetzung: ausreichend Auditroutine, um Auditinterview und Technik miteinander zu vereinbaren. Wichtig ist auch, dass alle Auditbeteiligten Vertrauen in die Vorgehensweise haben und keine Konfliktfälle im Audit absehbar sind.
Kritische Situationen und erste Audits lassen sich nach wie vor am besten über ein klassisches Audit vor Ort abwickeln.
Berufsbild Auditor Für die Integrität und Zuverlässigkeit von Unternehmen ist das Einhalten von gesetzlichen, behördlichen und normativen Vorgaben und Anforderungen essenziell. Neben dem Feststellen der Konformität können im Rahmen eines Audits unter anderem bewährte Praktiken erkannt, Lücken identifiziert und Optimierungspotenziale aufgedeckt werden. Auditoren können so einen entscheidenden Beitrag für das Unternehmen leisten und haben gute Karriereaussichten in den verschiedensten Branchen. Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie in unserem Berufsbild zum Auditor:
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Wesentliche Stolpersteine bei Remote Audits
Wie bereits beschrieben, müssen Datenschutz, Bildrechte und Co. berücksichtigt werden, um die Informationssicherheit, aber auch unternehmensspezifische Sicherheitsrichtlinien im Remote Audit zu gewährleisten.
Wie auch bei anderen Auditarten gilt hier, dass die Qualität des Audits mit den daran Beteiligten steht und fällt. Hat der Auditor kein Interesse, sich auf das Remote Audit einzulassen, wird sich dies negativ auf die Auditergebnisse auswirken.
Fazit
Ein Remote Audit ist eine effiziente und ressourcenschonende Vorgehensweise, die sich bei Routine- oder Nachaudits anbietet, aber auch in der aktuellen Pandemie oftmals die einzige Möglichkeit ist. Insbesondere bei entfernter geografischer Lage lassen sich erhebliche Kosten sparen. Außerdem kann die Methode schnell eine erste Beurteilung bei Krisen liefern und Risiken verringern.
Wie bei anderen Auditarten gilt auch hier: Die Qualität des Audits steht und fällt mit den Beteiligten. Erfahrung, Know-how, Gesprächstechniken, eine gute Vorbereitung und eine fundierte Auditoren-Ausbildung des Auditors sind unerlässlich, um ein Remote Audit sinnvoll einsetzen zu können.
Mathias Wernicke hat in nationalen und internationalen Firmen 35 Jahre Erfahrung in der Anwendung, Gestaltung und Zertifizierung von Managementsystemen gesammelt. Neben interkulturellen Herausforderungen waren immer zwei Gedanken präsent: Bestehende komplexe Systeme zu vereinfachen und sie den Menschen im Unternehmen nahezubringen. Das Thema Remote Audit wurde dabei in den letzten Jahren zu einem Instrument der Effizienzsteigerung in Projekten und diente dazu, persönliche Belastungen bei den Auditoren abzubauen. Wernicke ist Trainer und Prüfer der DGQ, engagiert sich in der Leitung des Fachkreises Audit und Assessment, ist Ehrenvorsitzender im DIN Normenausschuss Organisationsprozesse und hält Vorlesungen zu den Themen Integration von Managementsystemanforderungen und Auditmanagement an Hochschulen.