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Qualitätsinfrastruktur in Deutschland: Das Fundament für „Quality made in Germany”

QI-Digital, Qualitätsinfrastruktur, Produktion

Der Grundstein für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen ist eine verlässliche Qualitätsinfrastruktur (QI). Sie sorgt für Sicherheit, Qualität und Vertrauen und trägt wesentlich zum Funktionieren des Handels mit Waren und Leistungen und zum Schutz von Gesundheit und Umwelt bei. Dieser Fachbeitrag gibt einen Überblick über wesentliche Elemente der Qualitätsinfrastruktur in Deutschland, ihre tragenden Institutionen und deren Funktionen.

Die Qualitätsinfrastruktur sorgt für Sicherheit und Qualität deutscher Erzeugnisse und damit für Vertrauen in das Gütesiegel „Made in Germany“.  Sie stärkt damit den Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Handel. Das etablierte, in den Europäischen Binnenmarkt und Rechtsrahmen eingebettete System der nationalen Qualitätsinfrastruktur sorgt für die Einbindung in das internationale Wertschöpfungssystem.

Die Qualitätsinfrastruktur ermöglicht international erfolgreiche Innovationen und neue Technologien aus Deutschland – von der Grundlagenforschung bis hin zur Etablierung am Markt. Sie sichert den Wissens- und Technologietransfer aus der Forschung in den Markt, ist Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation, sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der großen sozio-ökonomischen, ökologischen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit, wie das Erreichen klimaschutzpolitischer Ziele. Sie ist die unsichtbare Grundlage für Gesundheitsschutz der Bevölkerung, Verbraucher- und Umweltschutz.

Diese verlässliche und moderne Qualitätsinfrastruktur fördert – und ist Voraussetzung für – die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit für den Wohlstand in unserem Land. Die Verfügbarkeit etablierter und anerkannter Normen und Standards und Konformitätsbewertungsverfahren sowie deren Entwicklung auf internationaler Ebene unter starker deutscher Beteiligung sind dabei für die deutsche Industrie ebenso wichtig wie eine wirksame Marktüberwachung, Akkreditierung und Verfügbarkeit von metrologischen Leistungen.

Für den nachhaltigen Erfolg von „Made in Germany“ müssen die bestehenden Strukturen, Prozesse und Institutionen der Qualitätsinfrastruktur gestärkt und ins digitale Zeitalter geführt werden.

Organisation der QI und tragende Institutionen

Die Qualitätsinfrastruktur ist ein System aus regulativen Rahmenbedingungen und verschiedenen Institutionen und Prozessen. Sie bezieht sich auf alle Einrichtungen und Maßnahmen, die zur Festlegung und Einhaltung von Qualitätsstandards beitragen. Sie basiert auf fünf Pfeilern von

  1. Qualität und Qualitätssicherung
  2. Normung und Standardisierung
  3. Konformitätsbewertung
  4. Messwesen (Metrologie)
  5. Marktüberwachung.

Deutschland verfügt über ein umfassendes System zur Organisation und Verwaltung der Qualitätsinfrastruktur, das sich auf verschiedene Institutionen verteilt:

Deutsche Gesellschaft für Qualität

Die Deutsche Gesellschaft für Qualität hat das Ziel, das Know-how und die Methoden im Bereich Qualität und Qualitätsmanagement weiterzuentwickeln, über neueste Erkenntnisse zu informieren und ihre praktische Umsetzung zu fördern.

Wesentliche Aufgabe umfassen dabei:

  • Forschung und Innovation: Weiterentwicklung der fachlichen Grundlagen von Qualität, Qualitätsmanagement, Managementsystemen und Methoden
  • Vernetzung: Wissenstransfer durch Vernetzung von Experten und Verknüpfung von Know-how
  • Aus- und Weiterbildung: Kompetenzaufbau von Qualitätsfachpersonal über Bildungsangebote
  • Zertifizierung: Personenzertifizierung von Fachpersonal

Einer ihrer Aufgabenschwerpunkte als Fachgesellschaft ist die aktive Teilnahme an der nationalen und internationalen Normungsarbeit. Auf diese Weise beeinflusst die DGQ die fachlich-inhaltliche Normenentwicklung sowie die strategischen Entscheidungen und Themenstellungen bei der nationalen und internationalen Normung.

Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN)

Das DIN ist die zentrale Normungsorganisation in Deutschland. Es entwickelt Normen in nahezu allen Bereichen der Technik, Wirtschaft und Wissenschaft, insbesondere auch alle Normen rund um Qualität, Managementsysteme, Konformitätsbewertung. Hauptaufgaben des DIN sind unter anderem:

  • Erarbeitung von Normen: Entwicklung von nationalen Normen und Mitwirkung an europäischen und internationalen Normen.
  • Koordination: Abstimmung zwischen verschiedenen Interessengruppen, wie Industrie, Wissenschaft, Verbraucher und Behörden.
  • Verbreitung: Veröffentlichung und Bereitstellung von Normen.


Konformitätsbewertungsstellen

Konformitätsbewertungsstellen sind neutrale, unabhängige und kompetente Stellen, die die Konformitätsbewertung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, Personen oder Systemen durchführen. Diese Bewertung stellt sicher, dass die geprüften Objekte den entsprechenden Vorgaben wie zum Beispiel EU-Richtlinien, Gesetzen, harmonisierten Normen und/oder Branchenstandards entsprechen.

Es gibt verschiedene Arten von Konformitätsbewertungsstellen, die sich auf unterschiedliche Bereiche spezialisieren:

  1. Prüfstellen
  2. Zertifizierungsstellen
  3. Inspektionsstellen
  4. Kalibrierstellen
  5. Validierungs- und Verifizierungsstellen

Aufgaben von Konformitätsbewertungsstellen:
Die Hauptaufgaben von Konformitätsbewertungsstellen umfassen:

  • Prüfung: Durchführung von Tests und Prüfungen an Produkten oder Dienstleistungen (Prüfstellen).
  • Zertifizierung: Ausstellung von Zertifikaten, die die Konformität bestätigen (Zertifizierungsstellen).
  • Inspektion: Überprüfung von Prozessen, Installationen oder Systemen vor Ort (Inspektionsstellen).
  • Kalibrierung: Sicherstellung der Genauigkeit von Messgeräten durch Kalibrierung (Kalibrierstellen).
  • Validierung und Verifizierung: Prüfung und Bewertung, ob bestimmte Angaben oder Behauptungen wahrheitsgemäß (Verifizierung) oder im Hinblick auf die beabsichtigte zukünftige Verwendung plausibel (Validierung) sind (Validierungs- und Verifizierungsstellen).

Diese Stellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Qualität und Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen auf dem Markt. Ihre Kompetenz zur Durchführung dieser Aufgaben weisen sie üblicherweise durch eine Akkreditierung einer anerkannten Akkreditierungsstelle nach (in Deutschland die DAkkS).

Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS)

Die DAkkS ist die nationale Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist ein zentraler Baustein der QI und erteilt Akkreditierungen im Bereich der Konformitätsbewertung. Die DAkkS handelt im gesetzlichen Auftrag und im Interesse des Staates, der Wirtschaft sowie zum Schutz von Gesellschaft und Umwelt.

Wichtige Funktionen der DAkkS sind:

  • Akkreditierung: Durchführung von Akkreditierungsverfahren und Überwachung der akkreditierten Stellen.
  • Gewährleistung der Qualität: Sicherstellung, dass akkreditierte Stellen objektiv, unabhängig und kompetent arbeiten.
  • Unterstützung der Marktüberwachung: Bereitstellung von Informationen und Unterstützung für die Marktüberwachungsbehörden.

Akkreditierung ist die „Bestätigung durch eine nationale Akkreditierungsstelle, dass eine Konformitätsbewertungsstelle die in harmonisierten Normen festgelegten Anforderungen und gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen (…) erfüllt, um eine spezielle Konformitätsbewertungstätigkeit durchzuführen.“ (Definition von Akkreditierung laut Verordnung (EG) Nr. 765/2008)

Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)

Die PTB ist die nationale Metrologie-Institution in Deutschland. Ihre Aufgaben umfassen insbesondere:

  • Eichung und Kalibrierung: Bereitstellung von Messstandards und Kalibrierdiensten.
  • Forschung und Entwicklung: Durchführung von Forschungsprojekten zur Weiterentwicklung der Messtechnik.
  • Beratung: Unterstützung von Unternehmen und Behörden in Fragen der Metrologie.


Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)

Die BAM unterstützt die Sicherheit in Technik und Chemie durch Forschung und Prüfung. Ihre Funktionen umfassen:

  • Materialprüfung: Untersuchung von Materialien und Produkten auf ihre Sicherheit und Zuverlässigkeit.
  • Forschung: Entwicklung neuer Prüfmethoden und -technologien.
  • Zertifizierung: Durchführung von Prüfungen und Vergabe von Zertifikaten.

Die BAM versteht sich als Partnerin und Dienstleisterin für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Sie forscht, prüft und berät zum Schutz von Mensch, Umwelt und Sachgütern. Im Rahmen ihrer gesetzlichen und gesellschaftspolitischen Aufgaben identifiziert sie Anforderungen an die Sicherheit in Technik. Sie erbringt wissenschaftsbasierte Dienstleistungen für sicherheitstechnische Fragestellungen, zum Beispiel in Form von Gutachten und Expertisen oder zertifizierten Referenzmaterialien und Ringversuchen. Des Weiteren zählen dazu Leistungen wie die Prüfung, Analyse und Zulassung von Stoffen, technischen Produkten und Anlagen.

Zertifikate, Gutachten, Anerkennungen sowie Prüf- und Forschungsberichte der BAM dokumentieren, dass Produkte oder Anlagen die hohen Standards der deutschen Qualitätskultur erfüllen.

Die BAM ist weiterhin als Ressortforschungseinrichtung ein verlässlicher Partner für Forschungsprojekte mit Bezug zu Sicherheit in Technik und Chemie.

Quelle https://www.bam.de/Navigation/DE/Leistungen/leistungen.html

Marktüberwachungsbehörden

In Deutschland erfolgt die Marktüberwachung durch verschiedene Bundes- und Landesbehörden, die die Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards sicherstellen. In Deutschland sind verschiedene Behörden und Stellen für die Marktüberwachung zuständig, je nach Produktbereich und Zuständigkeit. Hier sind einige der wichtigsten:

  1. Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Zuständig für die Produktsicherheit und unterstützt die Marktüberwachungsbehörden der Länder.
  2. Bundesnetzagentur (BNetzA): Überwacht Telekommunikations- und Postdienste sowie Energie- und Eisenbahnmärkte.
  3. Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): Verantwortlich für die Überwachung von Fahrzeugen und deren Komponenten.
  4. Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): Zuständig für die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchsgütern.
  5. Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM): Überwacht Materialien und Produkte hinsichtlich ihrer Sicherheit und Qualität.
  6. Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Überwacht Bauprodukte und deren Konformität mit europäischen Normen.
  7. Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH): Zuständig für die Sicherheit von Seeschiffen und maritimen Produkten.

Aktuelle Entwicklungen: Initiative QI Digital

QI-Digital ist eine Initiative der zentralen Akteure der deutschen Qualitätsinfrastruktur – DIN, DKE, DAkkS, PTB sowie BAM – mit dem Ziel, die QI in der digitalen Transformation aktiv weiterzuentwickeln. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützt QI-Digital als wesentlichen Beitrag für den Erfolg von innovativen Technologien, Produkten und Prozessen – zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Fazit

Die Qualitätsinfrastruktur in Deutschland ist ein komplexes, aber gut organisiertes System, das auf der Zusammenarbeit verschiedener Institutionen basiert. Diese Institutionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen. Durch Normung, Akkreditierung, Metrologie und Marktüberwachung wird ein hoher Qualitätsstandard gewährleistet, der nicht nur den Verbrauchern zugutekommt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärkt.

Aktuelle Herausforderungen und Weiterentwicklungen werden über die Initiative QI Digital adressiert und neue Lösungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erarbeitet.

Weitere Informationen zur QI in Deutschland: https://netzwerke.bam.de/_SharedDocs/DE/Downloads/qi-digital-definition-qi.pdf?__blob=publicationFile

 

Über den Autor:

Dipl. Ing. Thomas Votsmeier ist Leiter “Normung/Internationale Kooperationen” und seit 1998 bei der DGQ tätig. Er engagiert sich in verschiedenen Fachgremien bei der European Organisation for Quality (EOQ), der International Personnel Certification Association (IPC), dem Deutschen Institut für Normung und International Standard Organisation (ISO). Unter anderem ist er Obmann des DIN NA 147 – 00 – 01 AA Qualitätsmanagement und Mitglied bei ISO TC 176.

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