Künstliche Intelligenz & Nachhaltigkeit – Was bedeutet das für die Weiterbildung?
Die Anfänge von Künstlicher Intelligenz (KI) gehen zurück bis in die 1950er-Jahren. Seitdem gab es vier Wellen der Künstlichen Intelligenz. Die Energie für die Verarbeitung von Daten wird zumeist fossil generiert und dies führt zu klimarelevanten Emissionen. KI-Algorithmen können zur gezielten Überwachung und Manipulation eingesetzt werden, was ethische Fragestellungen aufwirft. Überdies werden im Bildungswesen immer mehr KI-generierte Texte verwendet, was zudem die Frage aufwirft, wie zukünftig Lehr- und Lernformate sinnvoll gestaltet werden können, damit Lernende und Lehrende einen Mehrwert durch KI haben.
Die Begriffe – „Künstliche Intelligenz“ und „Nachhaltigkeit“
„Künstliche Intelligenz“ (KI) soll einen Computer dazu bringen, menschliches Verhalten zu imitieren. KI ist ein komplexes und umfangreiches Teilgebiet der Informatik. Bisher geht man von vier KI-Wellen aus. Die letzte, in der wir uns gerade befinden, gilt als sehr vielversprechend.
„Nachhaltigkeit“ bedeutet laut Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, die Bedürfnisse eines Menschen zu befriedigen, ohne die Fähigkeit künftiger Generationen zu gefährden, ihren eigenen Bedürfnisse nachzugehen (vgl. WCED, 1987). Nachhaltigkeit beruht auf drei Säulen (sozial, wirtschaftlich, ökologisch) und stellt den Menschen in den Mittelpunkt. Zum Konzept gehören außerdem Umweltschutz, Gerechtigkeit, Ganzheitlichkeit und Langfristigkeit (siehe Abb. 1).
Die vier Wellen der Künstlichen Intelligenz
Man unterscheidet vier Phasen der KI (vgl. Mertens, P., Barbian, D., Baier, S., 2017). In der ersten Phase wurden dem Computer “allgemeine” Problemlösungsfähigkeiten („General Problem Solver“) zuerkannt. Damit gelangte man schnell an Grenzen. Es erfolgte ein Paradigmenwechsel und man setzte sich das Ziel, Experten auf ihrem Spezialgebiet zu unterstützen (“Expertensysteme” (XPS)). Die dritte Phase war kurz und betraf Semantische Netze. Damit wurden Beziehungen zwischen Begriffen modelliert, zum Beispiel die Beziehung einer Bildungseinrichtung zu Kursteilnehmenden, zu den Lehrformaten etc. Auch die dritte KI-Welle erfüllte nicht die Erwartungen. Derzeit befinden wir uns in der vierten Welle. Nach dem Prinzip von Nervenzellen (Neuronen) werden künstliche neuronale Netze eingesetzt (vgl. Matzka, S., 2021). Für das Trainieren dieser Art von KI wird jedoch viel Energie benötigt, womit gerade die vierte Welle einen enormen Einfluss auf das Erreichen der Klimaziele hat (Es gibt KI-Algorithmen, die zu ähnlich guten Ergebnissen wie das künstliche neuronale Netz führen. Dazu zählen u.a. die logarithmische Regression, der Bayes‘sche Algorithmus und Decision Tree.)
Bereits 2019 machte der CO2-Ausstoß des globalen Datenverkehrs laut Think Tank The Shift Project 4% aus.
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Einsatzszenarien von KI in der Weiterbildung – Vorteile und Herausforderungen
KI in der Weiterbildung kann Vorteile für Lernende und Lehrende bieten, jedoch sind auch die Herausforderungen nicht außer Acht zu lassen. Texte und Bilder mit KI zu generieren, ist durch den Einzug von ChatGPT einfacher denn je. Etwa 38 % der Schüler:innen in Deutschland nutzen dies laut Statista bereits. Überwiegend sind es jüngere Menschen, die von KI Gebrauch machen. Es ist daher angebracht, sich die Frage zu stellen, wie Lehr- und Lernformate zu gestalten sind.
Ein Vorteil durch den Einsatz von KI gestaltet sich für Menschen mit unterschiedlichen Lerntempos. Hier können KI-basierte Lernformate sich individuell an die Bedürfnisse anpassen sowie den Lernfortschritt verfolgen (adaptives Lernen). Weitere Vorteile für Weiterbildungsformate liegen in der Möglichkeit, Daten schnell zu analysieren. Damit können große Mengen an Lerndaten bewertet und Muster erkannt werden, die dann gezielt zur Unterstützung von Lehrenden und Lernenden genutzt werden können. Für die kontinuierliche Weiterbildung und berufliche Entwicklung bietet KI personalisierte Lernpfade etwa für berufstätige Personen, um sich gezielt weiter zu qualifizieren oder um Vorschläge zu Weiterbildungen zu erhalten. Bei der Bewertung von Prüfungen und Aufgaben bieten zudem automatisierte Systeme ein schnelles und sofort verfügbares Ergebnis. KI hat außerdem das Potenzial inklusiv zu sein, indem Lernmaterialien für Menschen mit Behinderungen zugänglicher gemacht werden.
Neben all diesen Vorteilen gibt es jedoch auch Herausforderungen. Zum einen hat KI einen erheblichen Einfluss auf das Klima und birgt ethische Gefahren bei der Nutzung.
KI-basierte Systeme sind sehr rechenintensiv. Sie müssen eine große Menge an Daten verarbeiten, was den Bedarf und die Abhängigkeit von Energie erhöht. Es ist nach wie vor schwierig, den genauen CO2-Ausstoß von KI zu quantifizieren. Einige wenige Organisationen versuchen, oftmals mit frei verfügbaren Tools die Umweltauswirkungen von KI zu ermitteln. Dazu gehören z. B. das Montreal Institute for Learning Algorithms mit dem Tool ML CO2 Impact , die Plattform CodeCarbon, und Climate Change AI.
Für eine nachhaltige KI (auch “Green AI” bzw. “Grüne Künstliche Intelligenz”) müsste neben der genauen Klimabilanz im Vorfeld ihres Einsatzes zunächst auch Transparenz zu den erhobenen Daten bestehen. Künstliche Intelligenz (KI) hat daher auch eine ethische Relevanz in der Weiterbildung. Dies betrifft den Datenschutz und die Sicherheit, da KI-Systeme große Mengen an persönlichen Daten sammeln können. Die Überwachung durch KI kann die Privatsphäre der Lernenden gefährden. Auch kann es zu einer Diskriminierung kommen, da KI bestehende Vorurteile verstärken und zu ungleichen Chancen führen kann. Die Qualität der Bildung könnte durch übermäßige Standardisierung und Abhängigkeit von der KI-Technologie leiden, was die Vielfalt und menschliche Interaktion mindert.
Mit besonders sensiblen Daten sollte auch aus Gründen der sozialen Nachhaltigkeit (s. Abb. 1) vorsichtig umgegangen werden. Unternehmen können durch eine Auswertung von Daten mehr über ihre Mitarbeitenden erfahren. Auch eine Manipulation und Überwachung ist möglich. Damit wirft der Einsatz von KI ethische Fragestellungen auf, was Sarah Spiekermann bereits 2019 in ihrem Buch über „Digitale Ethik“ thematisiert hat (Spiekermann, S., 2019). Das Sammeln von Daten durch Suchmaschinen erfolgt oft über sogenannte Tracking-Dienste. Dazu laufen im jeweiligen Tool entsprechende Dienste ab, die Daten z. B. zum Standort, den eingegebenen Suchwörtern, verwendeter Internet-Browser sammeln (Zuboff, S., 2018).
Bezug der KI zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen
KI spielt eine wichtige Rolle bei der Erreichung der 17 Ziele für eine nachhaltige Entwicklung (siehe Abb. 2) und hat das Potenzial, die globalen Bemühungen zur Gewährleistung einer Bildung für alle zu erreichen. Das UN-Nachhaltigkeitsziel Nr. 4 bezieht sich auf eine „Hochwertige Bildung“. Laut Definition soll eine inklusive, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleistet und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle gefördert werden, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder Behinderung.
Die Studie “The role of artificial intelligence in achieving the Sustainable Development Goals“ (Vinuesa, R. et al., 2020) untersucht den potenziellen Einfluss von KI auf die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (siehe Abb. 3). Laut der Studie könnten 134 der 169 Unterziele (79%) von der KI profitieren. Auf der anderen Seite gibt es aber auch einen negativen Einfluss der KI auf die Nachhaltigkeit, denn 59 der 169 Unterziele (35%) werden verschlechtert. Insgesamt überwiegt aber der positive Einfluss, jedoch muss der Einsatz von KI und die Art des Einsatzes bereits im Vorfeld genau überlegt werden.
Auch für eine „Hochwertige Bildung“ (Ziel Nr. 4) gibt es laut Abbildung 3 eher Chancen durch den Einsatz von KI.
Fazit
Künstliche Intelligenz und Nachhaltigkeit bedingen sich gegenseitig. Der hohe Energieverbrauch durch KI und ethische Fragestellungen haben einen Einfluss auf die Nachhaltigkeit. Bisher spielen diese Faktoren noch keine übermäßige Rolle in der Weiterbildung. Allerdings darf der Gebrauch von ChatBots wie bspw. ChatGPT gerade unter der jüngeren Bevölkerung nicht unterschätzt werden. Dies wirft Fragen auf, wie in Zukunft Lehr- und Lernformate gestaltet werden sollen.
KI bietet zwar Chancen für die Weiterbildung durch personalisiertes Lernen, eine Effizienzsteigerung und datengetriebenes Lernen. Gleichzeitig birgt sie Gefahren wie Datenschutzprobleme, mögliche Diskriminierung und ethische Dilemmata.
Tendenziell überwiegen jedoch die Vorteile durch KI. KI hat das Potenzial, die Weiterbildung zu revolutionieren, aber es sind sorgfältige Maßnahmen notwendig, um die Risiken zu minimieren und die Vorteile fair und ethisch zu nutzen.
Über die Autorin:
Dr. Dina Barbian ist Geschäftsführerin des eco2050 Institut für Nachhaltigkeit, einer Ausgründung der Universität Erlangen-Nürnberg. Sie ist als Beraterin für Unternehmen zu Themen wie Nachhaltigkeitsmanagement, CSR und Klimabilanzierung tätig sowie Autorin von Büchern und Fachartikeln. Als Lehrbeauftragte hält sie Vorlesungen in den Disziplinen Informatik, Ingenieurwesen und Nachhaltigkeit. Die Wirtschaftsingenieurin und promovierte Nachhaltigkeitsökonomin ist DGQ-Trainerin und -Prüferin.
WCED – World Commission on Environment and Development (1987): Our Common Future, New York Barbian, D. (2001) Ökonomie und Sustainable Development, Aachen, S. 64 Mertens, P., Barbian, D., Baier, S. (2017) Digitalisierung und Industrie 4.0 – eine Relativierung, Wiesbaden Matzka, S. (2021) Künstliche Intelligenz in den Ingenieurwissenschaften, Wiesbaden Spiekermann, S. (2019) Digitale Ethik: Ein Wertesystem für das 21. Jahrhundert, München Zuboff, S. (2018) Das Zeitalter des Überwachungskapitalismus, Frankfurt am Main / New York DGVN – Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V. (2024), Ziele für Nachhaltige Entwicklung (https://dgvn.de/ziele-fuer-nachhaltige-entwicklung) Vinuesa, R. et al. (2020): The role of artificial intelligence in achieving the Sustainable Development Goals. NATURE COMMUNICATIONS, S.1-2