Einführung eines standardisierten Prozessaudits zur Überprüfung der Wirksamkeit von Quality Core Tools
Notwendigkeit des Einsatzes von Quality Core Tools
Um den hohen Qualitätsstandards der Branche gerecht zu werden, hat die Automobilindustrie eine Reihe von Werkzeugen und Methoden entwickelt, welche unter dem Begriff „Automotive Core Tools“ zusammengefasst werden. Die Automotive Core Tools sind heute ein erfolgreicher und etablierter Standard im Qualitätsmanagement der Automotiv-Unternehmen und so ist es nicht verwunderlich, dass diese immer häufiger von Non-Automotive-Branchen adaptiert und dort unter dem Begriff „Quality Core Tools“ im Qualitätsmanagement eingesetzt werden.
Auch die BSH Hausgeräte GmbH hat sich bereits vor vielen Jahren entschieden, die Quality Core Tools zu adaptieren, um die Prozesse von der Produktentwicklung, über das gesamte Projektmanagement bis zum Produktionsstart (SOP) zu optimieren. Damit können potenzielle Fehlerquellen frühzeitiger erkannt und behoben, sowie Kosten von Ausschuss und Reklamationen gesenkt werden. Zudem ermöglichen die eingesetzten Methoden eine bessere Steuerung und Überwachung der Prozesse, was zu einer Steigerung der Effizienz und Produktivität führen kann.
Erfordernis identischer Auditorenkompetenzen
Die DIN EN ISO 9001 sieht regelmäßige interne Systemaudits vor, um sicherzustellen, dass das Qualitätsmanagementsystem den Anforderungen der Norm entspricht und Abweichungen, Nichtkonformitäten oder Kundenbeschwerden überprüft und bewertet werden. Diese Systemaudits werden von internen Auditoren durchgeführt, die unabhängig von den auditierten Bereichen sind.
Der PDCA-Zyklus hilft dabei, kontinuierliche Verbesserung in Organisationen zu fördern.
Solche Systemaudits werden in der ISO 9001-zertifizierten BSH Hausgeräte GmbH regelmäßig durchgeführt und auch die Wirksamkeit der eingeführten Quality Core Tools wird dabei überprüft und bewertet.
Da die eingeführten Maßnahmen dabei bisher nur bezogen auf den Produktionsstandort betrachtet wurden, fiel erst bei der ganzheitlichen Auditierung der eingesetzten Quality Core Tools über alle Produktionsstandorte auf, dass die Methoden unterschiedlich umgesetzt und gelebt wurden.
Um die Standorte dabei zu unterstützen, ihre kritischen Prozesse regelmäßig zu überprüfen, ist nicht nur die standardisierte Durchführung von Systemaudits erforderlich. Durch die Einführung von Prozessaudits soll den Standorten auch ein Werkzeug an die Hand gegeben werden, mit dem sie ihre eigenen Prozesse analysieren und verbessern können.
Um ein hohes und vergleichbares Level der Prozessauditaktivitäten über alle Standorte sicherzustellen, müssen die eingesetzten lokalen Auditoren über identische Kompetenzen zu den jeweiligen Methoden verfügen. Sie sollen befähigt sein, die fachlich korrekte Anwendung der Quality Core Tools zu bewerten. Dabei ist die effiziente Herangehensweise während der Audits ein wichtiger Erfolgsfaktor. Dies gewährleistet in unterschiedlichen Auditsituationen eine Vergleichbarkeit der Bewertungen mit dem notwendigen Tiefgang und schafft einen echten Mehrwert für die Organisation.
Berufsbild Auditor Für die Integrität und Zuverlässigkeit von Unternehmen ist das Einhalten von gesetzlichen, behördlichen und normativen Vorgaben und Anforderungen essenziell. Neben dem Feststellen der Konformität können im Rahmen eines Audits unter anderem bewährte Praktiken erkannt, Lücken identifiziert und Optimierungspotenziale aufgedeckt werden. Auditoren können so einen entscheidenden Beitrag für das Unternehmen leisten und haben gute Karriereaussichten in den verschiedensten Branchen. Antworten auf die wichtigsten Fragen finden Sie in unserem Berufsbild zum Auditor:
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Praktische Umsetzung
Damit zukünftige interne Prozessaudits (basierend auf VDA 6.3) von den lokalen Auditoren an 28 Produktionsstandorten durchgeführt werden können, initiierte die BSH Hausgeräte GmbH ein Ausbildungsprojekt für interne Prozessauditoren.
Dabei wurden folgende Kompetenzen geschult und gecoacht:
- Quality Core Tools
- Interner Auditor nach ISO 19011
- Prozessauditor nach VDA 6.3
- Audit Software Training
- Konfliktmanagement in kritischen Auditsituationen
- Coaching und Witness bei einem realen Audit
Das gesamte Projekt untergliederte sich in folgende Abschnitte:
Vorbereitungsphase:
Nach Erstellung eines Projekt- und Budgetplans, dem Einholen des Projektauftrags durch das Top-Management und der Einrichtung eines Steuerkreises wurden die zukünftigen Prozessauditoren nominiert und ausgewählt. Für diese galten klar definierte Teilnahmevoraussetzungen, wie zum Beispiel eine mehrjährige Berufserfahrung im Qualitätsmanagement und praktische Erfahrungen bei der Anwendung von Qualitätsmethoden.
Rollout Phase:
Die nominierten Mitarbeiter der jeweiligen Standorte wurden in den oben genannten unterschiedlichen Fach- und Methodentrainings qualifiziert. Anschließend erhielten sie in einem Praxiseinsatz an einem Pilotstandort vor Ort ein Coaching und wurden in einem Witness-Audit bewertet.
Operative Phase:
Die operative Umsetzung der regelmäßigen Auditierung der kritischen Prozesse findet an den jeweiligen Standorten in einem Dreijahreszyklus statt. Dazu erfolgten im Vorfeld mehrere Coachings, damit die Standorte ihre kritischen Prozesse nach einer einheitlichen Systematik identifizieren und mit gleichen Kriterien bewerten.
Abschluss des Projekts
Ein zentraler Fachexperte (Projektleitung und Koordinator) begleitete das Projekt permanent. Darüber hinaus unterstützten externe Trainer der DGQ und ein Veränderungsmanager das Vorhaben. Der Veränderungsmanager hatte dabei die Aufgabe, die erforderlichen Change Prozesse an den lokalen Standorten zu begleiten, die lokalen Prozessauditoren auf die Auditsituation vorzubereiten und ihnen nach dem Witness-Audit ein Feedback hinsichtlich der fachlichen Auditdurchführung sowie der Umsetzung der Rolle als Auditor (soziale Kompetenz) zu geben.
Nach Projektabschluss übernahm der Projektleiter, die Governance für die Prozessaudits im Unternehmen und verantwortet somit die Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung einer globalen Prozessbeschreibung mit Rollen und Verantwortlichkeiten in der BSH Hausgeräte GmbH. Damit das erreichte Kompetenzlevel weiterhin erhalten bleibt, werden regelmäßig Netzwerktreffen mit den lokalen Prozessauditoren organisiert und für neue Auditoren Trainings- und Witness-Audits koordiniert.
Fazit
Die Prozessaudits im Rahmen der Ausbildung an den jeweiligen Pilotstandorten haben verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Kompetenz der eingesetzten Auditoren auf einem hohen Niveau zu halten, damit die Prozessaudits professionell ablaufen. Der Vorteil dieser neu eingeführten Auditart (Prozessaudit) und der umfassenden Qualifizierungsmaßnahmen zeigt sich in der erhöhten Transparenz der kritischen Prozesse und der Identifikation zahlreicher Verbesserungspotenziale. Daher wird das interne Prozessaudit zukünftig die bereits bestehenden internen Systemaudits (ISO 9001, ISO 14001, ISO 50001, ISO 45001) ergänzen.
Ausgehend von der Unterstützung durch das Top-Management als Projektsponsor, war es von wesentlicher Bedeutung, dass die relevanten Führungskräfte von Anfang an in das Projekt integriert und deren Akzeptanz für das Prozessaudit durch regelmäßige Informationen und Schulungen geschaffen wurde.
Die Prozessoptimierung in der Produktentstehung und der Serienproduktion haben einen wichtigen Wertbeitrag zur Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens geleistet.
Autor:
Dipl.-Ing. (FH) Matthias Kohl, MBA ist Leiter der Integrierten Managementsystem Audits in der Konzernzentrale der BSH Hausgeräte GmbH in München und Six Sigma Master Black Belt. Zuvor war er in verschiedenen Qualitäts- und Projektmanagement Funktionen bei der Robert Bosch GmbH und Daimler Trucks AG tätig. In seiner nebenberuflichen Tätigkeit (KOHL Quality Training & Consulting) bietet er Trainings und Coachings im Bereich Qualitätsmanagement, Integrierter Managementsysteme und technischer Problemlösung an.