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Corporate Carbon Footprint und die Bilanzierung von Emissionen

Corporate Carbon Footprint, CO2

Immer mehr Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Treibhausgasemissionen transparent zu erfassen und zu reduzieren. Der Corporate Carbon Footprint (CCF) liefert dafür die entscheidende Grundlage. Wichtig ist eine präzise Datenerhebung über alle Emissionsquellen hinweg, die Nutzung etablierter Standards wie das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) sowie eine kontinuierliche Aktualisierung der Bilanz. Wer den CCF als strategisches Steuerungsinstrument versteht, schafft Transparenz, vermeidet Greenwashing und stärkt zugleich die eigene Wettbewerbsfähigkeit und Klimastrategie.

In Zeiten des Klimawandels gewinnt die Bilanzierung von Emissionen zunehmend an Bedeutung. Politisch maßgeblich ist dabei auch für den Corporate Carbon Footprint das Pariser Klimaabkommen. 2015 wurde es von nahezu allen Staaten der Welt unterzeichnet. Es verpflichtet die Vertragsstaaten, die Erderwärmung auf deutlich unter 2 °C, möglichst aber auf 1,5 °C gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dieses sogenannte 1,5-Grad Ziel gilt als wissenschaftlich fundiert und ist häufig die Grundlage von Klimazielen. Eine Erderwärmung um 1,5 Grad würde zwar immer noch erhebliche Auswirkungen haben, aber diese wären deutlich weniger katastrophal als eine Erwärmung von zwei Grad oder mehr.

EU: Klimaneutral bis 2050

Die Europäische Union hat diese Vorgaben in ambitionierte eigene Klimaziele übersetzt: Bis 2030 sollen die Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden („Fit for 55“), bis 2050 strebt die EU sogenannte Klimaneutralität an. Für 2040 ist zusätzlich ein Zwischenziel auf eine Reduktion der Netto-Treibhausgasemissionen um 90 Prozent angedacht (Stand der Information 24.11.2025). Allerdings ist es hierbei möglich, fünf Prozentpunkte durch Kompensationsprojekte auszugleichen und impliziert ein effektives Reduktionsziel von nur 85 Prozent. Die Ziele für 2030 und 2050 sind durch das EU-Klimagesetz bereits rechtlich verbindlich und beeinflussen zunehmend die regulatorischen Rahmenbedingungen in Europa.

Für viele Unternehmen wird dadurch die systematische Erfassung von Emissionen zu einer regulatorischen und marktrelevanten Anforderung. Kunden, Banken, Investoren erwarten belastbare Klimadaten, die mit hoher Qualität erfasst werden. Der Corporate Carbon Footprint ist dabei das zentrale Instrument, um die Auswirkungen von Unternehmen auf den Treibhausgaseffekt zu messen.

Was ist der Corporate Carbon Footprint (CCF)?

Der Corporate Carbon Footprint, auf Deutsch oft als „unternehmensbezogener CO₂ -Fußabdruck“ bezeichnet, meint die Gesamtheit der Treibhausgasemissionen, die direkt oder indirekt durch Aktivitäten, zum Beispiel durch ein Unternehmen, verursacht werden. Neben dem klimaschädlichen CO₂ gibt es noch weitere Gase, die zum Treibhausgaseffekt beitragen. Diese Emissionen werden in CO₂-Äquivalenten (CO₂e) erfasst, um die verschiedenen Treibhausgase einheitlich messbar zu machen.

Der CCF berücksichtig dabei nicht nur die direkten Emissionen eines Unternehmens, wie sie beispielsweise am eigenen Standort entstehen, sondern auch indirekte Emissionen, die entlang der gesamten Wertschöpfungskette anfallen.

Wichtige Aspekte bei der Bilanzierung von Emissionen sind „Datenerfassung und -qualität“, „Grenzen der Bilanzierung festlegen“, „Standardisierte Methoden und Vorgehensweisen“ sowie „Kontinuierliche Überprüfung und Verbesserung“.

Datenerfassung und -qualität:

Eine präzise Bilanzierung von Emissionen setzt eine umfassende und genaue Datenerfassung voraus. Hierbei ist es wichtig, sowohl die direkten als auch die indirekten Emissionen zu berücksichtigen. Die Qualität der Daten spielt eine entscheidende Rolle, da ungenaue oder unvollständige Daten zu fehlerhaften Ergebnissen führen können.

Grenzen der Bilanzierung (Scope) festlegen:

Bei der Bilanzierung von Emissionen ist es wichtig, klare Systemgrenzen zu definieren und diese auch zu dokumentieren. Dies umfasst die Festlegung, welche Emissionen in die Bilanz einfließen. Hierbei wird häufig zwischen Scope 1, Scope 2 und Scope 3 Emissionen unterschieden:

  1. Scope 1: Direkte Emissionen aus eigenen Anlagen und Fahrzeugen.
  2. Scope 2: Indirekte Emissionen aus dem Bezug von Energie (zum Beispiel Strom, Wärme).
  3. Scope 3: Alle weiteren indirekten Emissionen entlang der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungskette (zum Beispiel durch Lieferanten, eingekaufte Güter, Transport, Nutzung und Entsorgung von Produkten).

Gerade Scope-3-Emissionen sind oft die größte Herausforderung, da sie schon bei der Erhebung eine enge Zusammenarbeit mit Lieferanten und Kunden erfordern.

Es ist dringend zu empfehlen, alle Scopes und alle Kategorien innerhalb der Scopes in der Bilanzierung zu berücksichtigen, da es kein standardisiertes Wesentlichkeitsprinzip gibt. Ein Auslassen von teils relevanten Emissionen würde zu Greenwashing führen.

Standardisierte Methoden und Vorgehensweisen:

Um eine transparente und einheitliche Vorgehensweise bei der Bilanzierung von Emissionen in Form eines CCF zu gewährleisten, sollten standardisierte Methoden verwendet werden. Das Greenhouse Gas Protocol (GHG Protocol) und die ISO 14064 Normenreihe gelten als bekannteste Standards in diesem Bereich. Sie bieten Unternehmen einen Orientierungsrahmen für die Erfassung und Berechnung von Emissionen. Möchte man einen CCF für sein Unternehmen berechnen, ist es ratsam, sich vor dem Beginn mit diesen Standards vertraut zu machen. Sie dienen nicht nur als Rahmenwerk, sondern auch als Leitfaden, um bei der Erstellung eines CCF zu unterstützen.

Dennoch ist es in diesem Kontext wichtig, zu beachten, dass auch diese anerkannten Standards einigen Raum für gewisse Anpassungen und Interpretationen offenlassen. Beispielsweise sind keine Schwellenwerte festgelegt, ab wann Emissionen von Unternehmen als „relevant“ einzustufen und zu berücksichtigen sind. Des Weiteren gibt es keine Vorgaben zur Nutzung einer einheitlichen Datenbank und einheitlicher Emissionsfaktoren. Dies kann je nach Qualität und wissenschaftlicher Evidenz der herangezogenen Daten, gravierende Unterschiede bei den Berechnungsergebnissen zur Folge haben. Trotz der Nutzung einheitlicher Rahmenwerke ist dann eine Vergleichbarkeit von CCF-Daten mehrerer Unternehmen nicht möglich.

Kontinuierliche Überprüfung und Verbesserung:

Die Bilanzierung von Emissionen ist kein einmaliger Prozess, sondern sollte kontinuierlich überprüft und verbessert werden. Dies umfasst die regelmäßige Aktualisierung der Datengrundlagen und die Anpassung der Methoden an neueste wissenschaftliche Erkenntnisse und technologische Entwicklungen. Es ist ratsam, mindestens jährlich eine umfassende Aktualisierung des CCF durchzuführen. Auf diese Weise liegen stets die aktuellen Daten vor. Zudem lässt sich der Erfolg von umgesetzten Klimaschutzmaßnahmen im Vergleich zu den Vorjahren bewerten.

Durch den CCF die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit stärken

Der Corporate Carbon Footprint ist der Schlüssel, um die klimatischen Auswirkungen eines Unternehmens zu verstehen und wirksam zu reduzieren. Auch wenn Ergebnisse aufgrund unterschiedlicher Berechnungsmethoden, Datenbanken und Systemgrenzen nicht vergleichbar sind, liefern sie wertvolle Ansätze für interne Reduktionsstrategien. Wer frühzeitig in ein fundiertes und systematisches Klimamanagement investiert, schützt nicht nur das Klima, sondern stärkt auch seine Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit.

 

Über den Autor:
Yannic von Raesfeld ist Leiter des Nachhaltigkeitsmanagements der Werner & Mertz Gruppe. Dabei befasst er sich seit über 10 Jahre intensiv mit strategischer Nachhaltigkeit, sowie den Managementsystemen nach EMAS, ISO 14001 und der ISO 50001. Er ist Beauftragter für das Umwelt-, Energie-, und Lieferkettenmanagement an mehreren Standorten, sowie interner Auditor. Als zertifizierter ESG-Officer koordiniert er die Umsetzung regulatorischer Nachhaltigkeitsvorgaben. Darüber hinaus ist Yannic von Raesfeld als Dozent und Trainer im ESG-Bereich unterwegs.

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