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Was ist ein Whistleblowing-System?

Was ist ein Whistleblowing-System oder Hinweisgeber-System?

Nicht zuletzt seit den Enthüllungen von Edward Snowden und Chelsea Manning ist „Whistleblowing“ uns allen ein Begriff. Im Kontext eines Compliance Management Systems (CMS) großer Konzerne ist Whistleblowing auch außerhalb internationaler Politik ein Instrument, um auf Missstände und Fehlverhalten aufmerksam zu machen. Doch ist ein Whistleblowing-System (oder auf Deutsch: Hinweisgeber-System) auch für kleinere Unternehmen lohnenswert? Welche unterschiedlichen Arten der Hinweisgeber-Systeme gibt es und was sind die Vor- und Nachteile?

Notwendigkeit und Erfolgsfaktoren des Whistleblowings

Warum ist ein Whistleblowing-System notwendig und wie wird es erfolgreich?

Der erste Schritt zu einem erfolgreichen Hinweisgeber-System ist die entsprechende Unternehmens- bzw. Compliance-Kultur. Nur wenn die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen eine positive Einstellung und auch das notwendige Maß an Loyalität zum Unternehmen besitzen, kann ein Whistleblowing-System erfolgreich sein. Hier sind Maßnahmen notwendig, die die Identifikation der Beschäftigten mit den Zielen und Werten des Unternehmens fördern.

Ein wichtiges Instrument ist die schriftliche Fixierung. Ein Verhaltenskodex oder code of conduct eignet sich besonders, um über Unternehmensziele und Werte zu informieren. Diese Dokumente lassen sich auch um eine Whistleblowing-Richtlinie erweitern. So wissen die Beschäftigten welche Verhaltensweisen Tatbestände für Whistleblowing darstellen und gemeldet werden sollten, welche Ansprechpartner und Meldewege vorhanden sind und wie weitere Untersuchungen ggf. ablaufen. Diese Informationen schaffen Transparenz und Vertrauen in das Compliance Management System und Whistleblowing-System.

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen davon überzeugt sein, dass sie durch eine aktive Beteiligung am Whistleblowing-System etwas zur Änderung im Unternehmen beitragen und Fehlverhalten verhindert werden kann. Das gemeinsame Ziel ist selbstverständlich, nicht nur die Beendigung oder Untersuchung von gemeldetem Fehlverhalten, sondern vor allem die präventive Verhinderung von Fehlverhalten im gesamten Unternehmen. Die wichtigste Voraussetzung hierfür ist, dass die kommunizierten Werte und Ziele auch von der Unternehmensführung vorgelebt werden.

Meldewege des Whistleblowings und ihre Vor- und Nachteile

Whistleblowings ist, auch wenn es dazu diesen soll Straftaten aufzudecken, nicht nur positiv konnotiert. Denn Whistleblowing kann – wenn auch im Kontext eines CMS fälschlicherweise – mit Bespitzelung und Denunziation gleichgesetzt werden und steht somit eigentlich einem vertrauensvollen Umgang im Unternehmen entgegen. Wie die Geschichte Deutschlands gelehrt hat, ist vor dem Hintergrund dieser Assoziationen zu Recht Skepsis und Zurückhaltung bei der Einführung zu erwarten. Auch aus diesem Grund sollte den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bei der Einführung eines Hinweisgeber-Systems Zielsetzung und Ausgestaltung offen und transparent kommuniziert werden. So können falsche Assoziationen und unbegründetes Misstrauen gegenüber Whistleblowing abgebaut werden.

Im Rahmen eines CMS sind Whistleblowing-Tools ein Bestandteil des Prozesses, der den Umgang mit Compliance-Vorfällen beschreibt. Im Prinzip lassen sich hier drei Informationskanäle oder Arten von Whistleblowing-Tools nennen. Alle haben ihre Nachteile und Vorteile:

Meldewege des Whistleblowings oder Hinweisgeber-Systeme

 

Telefon

Das Hinweisgeber-System kann zum Beispiel in Form einer Telefon-Hotline eingerichtet werden. Anrufe werden von einem Callcenter entgegengenommen und an die jeweilige Stelle weitergeleitet, die den Hinweis dann inhaltlich bearbeitet.
Von Vorteil ist hier die Erreichbarkeit rund um die Uhr. In internationalen Konzernen sind auch Sprachbarrieren kein Problem, da der Hinweisgeber an einen Ansprechpartner in seiner Sprache verbunden werden kann.
Ein Nachteil kann sich aus der Weitergabe des Hinweises ergeben. Übertragungs- und Weitergabefehler sind hier ein Beispiel. Zudem erfolgt keine Filterung der Hinweise und das Erkennen von Denunziationen wird schwieriger. Ein weiteres Problem hinsichtlich der Anonymität kann sich durch Rufnummern- und Spracherkennung ergeben.

Online

Entweder per Email oder über ein Whistleblower-Portal kann der Hinweisgeber bei einem internetbasierten Hinweisgeber-System seinen Hinweis geben.
Ein Vorteil ist die Benutzerfreundlichkeit eines Portals, denn hier lassen sich Hinweisgeber Schritt für Schritt durch den Meldeprozess führen. Zudem lassen sich auch hier die Verfügbarkeit verschiedener Sprachen sichern und die Anonymität ist durch Verschlüsselungstechniken der Anbieter gewahrt. Ein weiterer Vorteil ist die ständige Verfügbarkeit und dadurch die niedrige Hemmschwelle. Der Hinweis kann jederzeit anonym abgegeben werden und Unterlagen, die den Vorwurf belegen können, beigefügt werden.
Als Nachteil kann hier der Mangel an persönlicher Kommunikation gesehen werden. Auf der einen Seite senkt dies die Hemmschwelle für Hinweisgeber, sich an ein Whistleblower-Portal zu wenden. Auf der anderen Seite bedeutet dies aber auch, dass es auf Grund der Anonymität eher zu Falschmeldungen und Denunziationen kommen kann. Zudem ist der finanzielle Aufwand für Implementierung und Betreuung der Plattform zu berücksichtigen.

Persönlich

Eine dritte Möglichkeit ist die persönliche Kontaktaufnahme zu einem Ansprechpartner. Hier empfiehlt sich die Ernennung einer Ombudsperson, die dem Vorstand nicht weisungsgebunden ist. Hier ist das Vertrauen und der Bekanntheitsgrad der Ombudsperson auschlaggebend. Als Kanal können natürlich neben der persönlichen Ansprache auch Telefon oder Email dienen. Ziel sollte aber immer ein persönliches Gespräch zwischen Hinweisgeber und Ombudsperson sein, in welchem dann gemeinsam Unterlagen oder Dokumente gesichtet werden können.
Ein Vorteil ist die Erfahrung und Expertise der Ombudsperson, mit der schnell den Motiven des Hinweisgebers und den Hintergründen des Fehlverhaltens auf den Grund gegangen werden kann. Das persönliche Gespräch reduziert zudem das Risiko bewusster Falschmeldungen. Zudem bleiben bei einer internen Ombudsperson vertrauliche Informationen im Unternehmen.
Nachteile
finden sich bei der eingeschränkten zeitlichen Erreichbarkeit. Dies gilt sowohl außerhalb der Geschäftszeiten aber auch innerhalb, da die Ombudsperson durch Besprechungen oder andere Termine nicht erreichbar sein kann. Auch kann der direkte Kontakt nicht nur vorteilhaft sein, sondern auch Hinweisgeber abschrecken. Bei persönlichen Kontakten kann keine Anonymität garantiert werden.

Schlüsselfunktion Compliance-Officer

Welches Hinweisgeber-System gewählt wird, muss anhand der genannten Vor- und Nachteile entschieden werden. Gerade für kleine und mittlere Unternehmen ist der finanzielle Aspekt ausschlaggebend. Dahingegen empfiehlt sich bei größeren oder gar internationalen Konzernen eine Kombination verschiedener Systeme. Im Zentrum dieser Entscheidung steht immer ein gut geschulter Compliance-Officer, der mit seiner Expertise das geeignete Hinweisgeber-System auswählt und die Geschäftsführung kompetent beraten kann.

Der Erfolg des jeweiligen Hinweisgeber-Systems hängt entscheidend von der Transparenz und dem Vertrauen der Beschäftigten in die Compliance-Kultur des Unternehmens ab. Auch hier ist der Compliance-Officer die Schlüsselfunktion bei der Implementierung eines Kommunikationskonzeptes und der Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Selbstverständlich sind auch bei der Einführung eines Whistleblower-Systems die rechtlichen Anforderungen des Straf-, Arbeits- und natürlich auch des Datenschutzrechtes zu beachten. Aus diesem Grund empfiehlt es sich bei der Planung und Umsetzung des Whistleblower-Systems den Datenschutzbeauftragten hinzuzuziehen.

Nicht zu Letzt ist eine gelebte Compliance-Kultur – von der Geschäftsführung bis zu den Beschäftigten – Grundvoraussetzung eines effektiven Hinweisgeber-Systems, welches dazu beitragen kann, Risiken und Schaden vom Unternehmen abzuwenden. Nur so können das Unternehmen sowie Stakeholder geschützt, der gute Ruf bewahrt und Compliance zum wichtigen Qualitätsmerkmal und Wettbewerbsvorteil werden.

 

Literaturhinweis:

Süße, Sascha (2014): Whistleblowing – Hinweisgebersysteme als Bestandteil eines effektiven Compliance-Managements. In: Schettgen-Sarcher, Walburga / Bachmann, Sebastian / Schettgen, Peter (Hrsg.): Compliance Officer. Das Augsburger Qualifizierungsmodell, Wiesbaden

 

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