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22. Februar 2017

QM in Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung: Revision EN 9100 – das ändert sich

Die Normenreihe EN 9100 ist international für das Qualitätsmanagement in der Luftfahrt- Raumfahrt- und Verteidigungsindustrie maßgebend. Die überarbeitete Version liegt jetzt als AS9100D in Englisch vor, DIN EN 9100 wird 2017 erwartet. Die Veränderungen betreffen die gesamte Normenreihe, also neben EN 9100 für Organisationen der Luft- Raumfahrt und Verteidigung, auch EN 9110 für Wartungsbetriebe und -organisationen und die EN 9120 für Händler und Distributoren.

Neu: Die High Level Structure

Mit der sogenannten High Level Structure (HLS) hat das Technische Lenkungsgremium von ISO (Technical Management Board /TCM) eine Grundstruktur vorgegeben. Sie ist zur Verwendung in allen nun neu veröffentlichten Managementsystemnormen, damit also auch in EN 9100, bestimmt. Die High Level Structure beinhaltet einen einheitlichen Kerntext sowie gemeinsame Begriffe und Definitionen. Organisationen, die ein einzelnes System implementieren, das mehrere Normen anspricht, werden den größten Nutzen feststellen. EN 9100:2017 wird sich in die gleichen zehn Abschnitte gliedern, wie auch DIN EN ISO 9001:2015. Damit kommt man den Zielen, Verbesserung der Konsistenz und Angleichen verschiedener Managementsystemnormen, deutlich näher.

Neu: Begrifflichkeiten und Anforderungen

Begriffe aus der Luft- und Raumfahrt, die im Rahmen der Produkt- und Dienstleistungsqualität an Bedeutung gewinnen, sind die Produkt-Sicherheit, die Behandlung gefälschter bzw. verdächtiger Teile (Counterfeit Parts), Risikomanagement in Bezug auf die Prozesssteuerung, Bewusstsein (Awareness) jedes Mitarbeiters für seinen individuellen Qualitätsbeitrag, Einfluss des menschlichen Leistungsvermögens (Human Factors), sowie das Konfigurationsmanagement. Ein weiterer Schwerpunkt wird die Produktrealisierung und Planung sein, der Support nach der Auslieferung (Post Delivery Support) sowie Design-Entwicklung und Lieferantenmanagement. Entgegen von ISO 9001:2015 wird ein Managementbeauftragte weiterhin gefordert. Somit wird erkennbar, dass sich die Norm an den Vorgaben der amerikanischen FAA, der europäischen EASA und anderen Luftfahrtbehörden orientiert.

Die Top-Themen:
Chancen und Risiken, Produktsicherheit, stärkere Einbeziehen externer Parteien

Analog zu ISO 9001 rücken nun auch in EN 9100 Chancen und Risiken in den Fokus. Organisatorische Risiken sollen strukturiert erfasst, priorisiert und entsprechende Maßnahmen zum Management bzw. Umgang mit solchen Risiken ergriffen werden. Diese Risikobetrachtung fokussiert auf das Vermeiden von Problemen bei der pünktlichen Auslieferung der Produkte und Dienstleistungen. Somit kann das Normenkapitel „Vorbeugungsmaßnahmen“ entfallen. Wichtig ist nun auch für Personen, die sich mit EN 9100 befassen: Die Risiken sollen bewertet werden. Statistische Methoden und Knowhow rund um Kennzahlen für die Prozesslenkung erleben eine Renaissance. Auch den Punkt Einbeziehung von relevanten interessierten Parteien kennen wir aus DIN EN ISO 9001:2015. Produktsicherheit und eine bessere Absicherung vor gefälschten Teilen sollen einige neue Qualitätsmanagement-Aspekte von EN 9100 mit sich bringen. Kontinuierliche Verbesserung wird die Herstellung von sicheren und zuverlässigen Produkten fördern. Besonderes Augenmerk bekommt die Einbindung der gesamten Lieferkette. Ein gutes, effektives Lieferantenmanagement führt zu stabilen Fertigungsprozessen und damit zu der gewünschten Produktqualität.

Dokumentierte Information in der benötigten Tiefe

Unternehmen können ihre Dokumentation deutlich verschlanken und sich von unnötigem Ballast befreien. So viel wie nötig, so wenig wie möglich ist der Leitsatz, den wir seit 2015 auch schon durch ISO 9001 kennen. Individuelle Lösungen stehen gerade bei der Dokumentation schon seit langem auf der Wunschliste von Organisationen. Die neue Normfassung bietet hier viel Freiheit und Flexibilität, aber auch neue Herausforderungen, nämlich die korrekte Behandlung elektronischer Daten, z.B. von Smartphones und Tablets gemäß der gesetzlichen und branchenüblichen Vorgaben für Aktualität und Aufbewahrung von Daten und Informationen.

September 2018 bzw. Juni 2017 – die Deadline für die Umstellung

Unternehmen und Zulieferer der Branche müssen spätestens bis zum 14.09.2018 ihr Managementsystem auf die neuen Versionen umgestellt und eine erfolgreiche Zertifizierung abgeschlossen haben. Aufgrund dieser kurzen Übergangsfrist sollten sich Unternehmen frühzeitig mit den neuen Anforderungen vertraut machen. Viele Neuerungen resultieren aus ISO 9001:2015, Unternehmen können sich bereits jetzt mit diesen befassen. Außerdem kann die AS9100D über den Beuth-Verlag bezogen werden. AS9100D bestellen

Die von der IAQG veröffentlichte „Supplemental Rule Nr. 003“ legt die Messlatte noch höher: Bereits nach dem 15. Juni 2017 muss jedes Audit nach den Luftfahrtnormen nach der neuen Fassung begonnen werden – eine besondere Herausforderung, da die Norm erst kurz vorher erscheinen wird.
Davon ausgenommen sind jedoch Audit-Programme für Firmen mit mehr als einem Standort, die vor dem 15.Juni 2017 begonnen werden oder Nachaudits für zuvor abgeschlossene Audits.

Die DGQ bietet alles aus einer Hand:

Die eintägige DGQ-PraxisWerkstatt: Revision EN 9100:2017 ist eine kompakte Deltaschulung für Profis. Der Workshop ist auch als Inhouse Training buchbar – in Länge und Intensität angepasst an die Bedürfnisse der Mitarbeiter. Für alle, die auf Nummer sicher gehen möchten, bietet die DGQ zudem Unterstützung bei der Umstellung an. Weitere Informationen zu Inhouse Training und Beratung