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24. Februar 2020

Neues aus der Normung: Joint Technical Coordination Group überarbeitet Begriffsdefinitionen der High Level Structure

Die Joint Technical Coordination Group (JTCG) der ISO und IEC hat Ende 2018 eine Taskforce zur Überarbeitung der High Level Structure gegründet. Aktuelle Arbeitsergebnisse wurden kürzlich veröffentlicht.

Was ist die High Level Structure?

Die sogenannte High Level Structure (HLS) beinhaltet eine gemeinsame Grundstruktur sowie identische Textbausteine und Begriffsdefinitionen für Managementsystemnormen. Die Anwendung der HLS durch die Normungsgremien gewährleistet die Konsistenz und gemeinsame Ausrichtung aller Managementsystemnormen. Außerdem erleichtert die HLS den Aufbau von integrierten Managementsystemen. Beispielsweise wurden die Normen DIN EN ISO 9001:2015‑11, DIN EN ISO 14001:2015‑11 und DIN EN ISO 45001:2018‑06 auf Basis der HLS erarbeitet bzw. revidiert.

Sydney im Januar 2020

In der Sitzung im Januar in Sydney, Australien, erfolgte die Überarbeitung von Anhang 2. Dieser beinhaltet u.a. Definitionen für gemeinsame Begriffe.

Intensive Diskussionen erfolgten bei den Überlegungen zur Überarbeitung des Begriffs Risiko. Die HLS definiert Risiko als Auswirkung von Ungewissheit (Abschnitt 3.7.9 der Norm DIN EN 9000:2015-11), wohingegen die Norm für Risikomanagement DIN ISO 31000:2018-10 den Begriff Risiko einschränkt und als Auswirkung von Unsicherheit auf Ziele (Abschnitt 3.1) definiert. Letztendlich erzielte die JTCG die Einigung, den Begriff weder vollständig aus der HLS zu streichen, noch die Begriffsdefinition in der HLS zu verändern.
Die genauen Begriffsdefinitionen können Sie dem Infokasten unten entnehmen.

Ebenso wurde die Neudefinition von Risiken und Chancen (Abschnitt 6.1 der Norm DIN EN 9001:2015-11) diskutiert, da ein Risiko entsprechend den Anmerkungen in der Norm DIN EN 9000:2015-11 positive und negative Auswirkungen haben kann und somit die Chancen bereits inkludiert und nicht explizit erneut angesprochen werden müssen. Auch hierzu konnte die JTCG keine Einigung zur Änderung erzielen.

Das JTCG hat sich auf die Notwendigkeit von Präzisierungen und Ergänzungen bei weiteren Begriffsdefinitionen geeinigt. Eine eindeutige und widerspruchsfreie Begriffsdefinition hat insbesondere unter der Berücksichtigung von darauffolgenden Übersetzungen in verschiedene Sprachen zu erfolgen. Nachfolgend beispielhaft zwei Aspekte:

  • Dokumentierte Information wird „verfügbar” sein, anstatt wie bisher „aufrechterhalten” zu werden. Diese Änderung ist erforderlich, um eine Übersetzung in verschiedene Sprachen zu erleichtern.
  • Bei der Definition von Audit als „systematischer, unabhängiger und dokumentierter Prozess […]” wird das Wort „dokumentiert” entfernt. Dass die Audittätigkeiten dokumentiert sein müssen, ist bereits an anderer Stelle festgelegt. Somit wird an dieser Stellen eine unnötige Redundanz entfernt.

Demnächst werden alle nationalen Mitgliedsorganisationen der beiden internationalen Normungsorganisationen ISO und IEC über die vorgeschlagenen Änderungen abstimmen.

Bogota im Juli 2020

In der nächsten Sitzung im Juli in Bogota, Kolumbien, erfolgt die Einarbeitung der bis dahin eingebrachten Rückmeldungen zu Anhang 2. Der Arbeitsschwerpunkt in Bogota liegt bei der Überarbeitung von Anhang 3. Dieser erklärt das Konzept der Anforderungen der HLS und beinhaltet Leitlinien für die Erarbeitung von nationalen und internationalen Normen.

 


Risiko nach HLS:
Auswirkung von Ungewissheit

Anmerkung 1 zum Begriff: Eine Auswirkung ist eine Abweichung vom Erwarteten – in positiver oder negativer Hinsicht.
Anmerkung 2 zum Begriff: Ungewissheit ist der Zustand des auch teilweisen Fehlens von Informationen (3.8.2) im Hinblick auf das Verständnis eines Ereignisses oder Wissen über ein Ereignis, seine Folgen oder seine Wahrscheinlichkeit.
Anmerkung 3 zum Begriff: Das Risiko wird häufig durch Bezugnahme auf mögliche Ereignisse (wie nach ISO Guide 73:2009, 3.5.1.3 festgelegt) und Folgen (wie nach ISO Guide 73:2009, 3.6.1.3 festgelegt) oder eine Kombination beider charakterisiert.
Anmerkung 4 zum Begriff: Risiko wird häufig mittels der Folgen eines Ereignisses (einschließlich Veränderungen der Umstände) in Verbindung mit der „Wahrscheinlichkeit“ (wie in ISO Guide 73:2009, 3.6.1.1 festgelegt) seines Eintretens beschrieben.

Risiko nach Abschnitt 3.1 der DIN ISO 31000:2018-10:
Auswirkung von Unsicherheit auf Ziele

Anmerkung 1 zum Begriff: Eine Auswirkung stellt eine Abweichung vom Erwarteten dar. Diese Abweichung kann positiv, negativ oder beides sein und kann auf Möglichkeiten und Bedrohungen eingehen, diese verursachen oder durch diese verursacht sein.
Anmerkung 2 zum Begriff: Ziele können verschiedene Aspekte und Kategorien umfassen und auf allen Ebenen angewendet werden.
Anmerkung 3 zum Begriff: Das Risiko wird üblicherweise anhand der Risikoursachen (3.4), der potenziellen Ereignisse (3.5), ihrer Auswirkungen (3.6) und ihrer Wahrscheinlichkeit (3.7) dargestellt.

 


Literatur:

DIN EN ISO 9000:2015-11. Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe (ISO 9000:2015). Berlin: Beuth.
DIN EN ISO 9001:2015-11. Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen (ISO 9001:2015). Berlin: Beuth.
DIN ISO 31000:2018-10. Risikomanagement – Leitlinien (ISO 31000:2018). Berlin: Beuth.
ISO/IEC Directives, Part 1. Consolidated ISO Supplement – Procedures specific to ISO. (10th edition). Geneva: International Organization for Standardization.