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19. Juni 2013

Neue Aufgaben wandeln Jobprofile der Qualitätssicherung

Mitarbeiter der Qualitätssicherung werden immer häufiger bereits frühzeitig in den Produktentstehungsprozess (PEP) der Unternehmen integriert. Oft sind sie Mitglied von Projektgruppen, nehmen an Meilensteinsitzungen teil und haben die Aufgabe, mögliche Fehler zu erkennen, zu analysieren und Lösungsmaßnahmen zu entwickeln. Als Experten für Werkzeuge und Tools der Qualitätssicherung und Teammitglied setzen sie wichtige Impulse für die spätere Qualitätssicherung. Arbeitspakete im Bereich Mess- und Prüftechnik zu übernehmen, gehört oftmals zu ihrer Kernkompetenz. Durch diese neuen Aufgaben haben sich auch die Jobprofile stark gewandelt. Jessica Vogts, Produktmanagerin Industrie bei der DGQ Weiterbildung, sprach mit dem Qualitätssicherungs- und Managementexperten Dietmar Mannagottera darüber, wie es gelingt, steigende Herausforderungen erfolgreich zu meistern.

 

Vogts: Was sind für Qualitätssicherer neben dem Tagesgeschäft momentan besonders wichtige Themen?

Mannagottera: Ein nicht zu unterschätzender Bereich ist die im Unternehmen eingesetzte Dokumentation. Sowohl an der Erstellung von Vorgabedokumenten als auch Aufzeichnungen wirken die Qualitätssicherungs-Mitarbeiter mit. Eine weitere wichtige Aufgabe ist es, Qualitätsberichte mit entscheidenden Kennzahlen zu verfassen. Dass hierfür Kennzahlen gesammelt, aufbereitet und analysiert werden müssen, versteht sich von selbst. Weit reichende Statistikkenntnisse sind dafür Voraussetzung.

 

Vogts: Werden Mitarbeiter in der Qualitätssicherung auch an der Prozessentwicklung beteiligt?

Mannagottera: Ja, denn sie sind dafür verantwortlich, Prozesse festzulegen, zu beschreiben und umzusetzen. Zudem wirken sie an der Aufrechterhaltung und Verbesserung der Prozesse mit. Darum ist es wichtig, dass diese Mitarbeiter über Kenntnisse im Bereich Lean Management verfügen. Auch bei der Ausrichtung und Optimierung zukünftiger Qualitätssicherungsaktivitäten ist ihre Meinung gefragt. Zudem wirken sie daran mit, aktuelle Stärken und Schwächen einer Organisation im Rahmen von Standortbestimmungen zu ermitteln.

 

Vogts: Welche Rolle spielt die Unternehmenskultur für die Tätigkeit von Qualitätssicherern?

Mannagottera: Qualitätssicherer tragen maßgeblich zu einer qualitätsorientierten Unternehmenskultur bei, indem sie die Mitarbeiter für das Thema Qualität sensibilisieren und Sinnzusammenhänge vermitteln. Darum ist es hilfreich, Motivationstheorien zu kennen und anwenden zu können. Auch gegenüber Vorgesetzten sind Qualitätssicherer Impulsgeber und Förderer der Qualität – vor allem durch ihre Fähigkeiten in den Bereichen Moderation und Präsentation.

So, wie die Qualitätssicherer die Unternehmenskultur beeinflussen, ist dies auch umgekehrt der Fall. In Organisationen, die dem Thema Qualität eine hohe Priorität beimessen, werden sie meistens deutlich stärker von den Kollegen unterstützt.

 

Vogts: Die Auditierung von Lieferanten rückt immer mehr in den Fokus. Inwieweit ist der Bereich Qualitätssicherung involviert?

Mannagottera: Im Rahmen der Bewertung von Anforderungen verschiedenster Art, werden Qualitätssicherer verstärkt in Audittätigkeiten integriert. Ihr Metier ist es, Auditprozesse zu planen, durchzuführen und zu bewerten. Dabei sind vor allem die fachlichen Kenntnisse entscheidend, die sie als Spezialisten ins Audit einbringen. Bei zertifizierten Unternehmen ist es häufig erwünscht, dass die Qualitätssicherer an den jährlichen Überwachungsaudits durch Zertifizierungsstellen mitwirken.

 

Vogts: Sind die Mitarbeiter im Bereich Qualitätssicherung von heute auch Experten darin, Unternehmen wirtschaftlich zu betrachten und externe Partner weiterzuentwickeln?

Mannagottera: In gewisser Weise schon, denn sie sind häufig daran beteiligt, qualitätsbezogene Kosten zu ermitteln, um die betriebswirtschaftliche Situation zu verbessern.

Zudem ist es heute Aufgabe der Qualitätssicherer, strategische Bereiche im Rahmen des Lieferantenmanagements zu übernehmen – zum Beispiel wenn es darum geht, Lieferanten auszuwählen, zu bewerten und weiterzuentwickeln. Besonders zu erwähnen ist hierbei die Bewertung der Supply-Chain-Kette. Diese zeigt nicht nur Schnittstellen zum unmittelbaren Lieferanten, sondern auch zu weiteren Unterlieferanten, die ebenfalls die Qualität der Kette entscheidend prägen.

 

Vogts: Welchen Stellenwert hat der Kontakt zum Kunden?

Mannagottera: Qualitätssicherer leisten einen wichtigen Beitrag zur Kundenzufriedenheit. Denn es ist eine ihrer Aufgaben, auf Basis der in Lastenheften dokumentierten Kundenanforderungen Merkmale zu formulieren und sie in den Prüfplan zu übertragen. Die besondere Herausforderung dabei ist, die nicht mehr überschaubaren Kundenforderungen richtig zu interpretieren. Zudem werden die Mitarbeiter der Qualitätssicherung im Rahmen der Kundenbetreuung in den Reklamationsprozess integriert.

 

Vogts: Wie kann sich ein Qualitätssicherer auf diese komplexen Aufgabenbereiche vorbereiten?

Mannagottera: Wichtig ist, sich ein breites theoretisches Grundwissen anzueignen und einzelne Themenbereiche durch die Anwendung der verschiedenen Methoden und Werkzeuge zu vertiefen. Eine ganzheitliche Ausbildung mit einem großen Praxisanteil ist eine gute Möglichkeit, um alle Aspekte abzudecken.