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17. Oktober 2018

ISO/TC207 – neue Entwicklungen bei Umweltnormen

Das Technische Komitee ISO/TC207 trifft sich jährlich zur Weiterentwicklung der Umweltnormenreihe ISO 14000ff. Die Mitglieder diskutieren zukünftige Anforderungen verschiedener Normen und schreiben sie fort.

Vom 1. bis 8. Juni 2018 reisten mehr als 150 Delegierte, Experten, Vertreter von Liaison-Organisationen und Beobachter aus rund 30 Ländern zu verschiedenen Plenarsitzungen und Arbeitsgruppentreffen des ISO/TC207 nach Berlin.

SC1 – Umweltmanagementsysteme

Für die Umstellung von ISO 14001:2004 auf ISO 14001:2015 “Umweltmanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung” wurde vom International Accreditation Forum (IAF) für bereits zertifizierte Organisationen ein Übergangszeitraum von drei Jahren festgelegt. Das heißt, dass alle Zertifikate nach ISO 14001:2004 ab dem 15. September 2018 ungültig sind. Der besondere Erfolg von ISO 14001 zeigt sich darin, dass weltweit mittlerweile rund 350.000 Organisationen zertifiziert wurden. Dazu gehören kleine und mittlere Unternehmen (KMU), aber auch große Konzerne, Behörden oder öffentliche Einrichtungen, die sich ihr Umweltmanagementsystem zertifizieren lassen. Allein in Deutschland wuchs die Zahl mittlerweile auf rund 9.500 Organisationen an.

Mitglieder der deutschen Delegation ISO/TC207 (Bildquelle: Bernhard Schwager)

Die Normen-Familie ISO 14000ff. soll zukünftig um ISO 14002 ergänzt werden. Die internationale Norm wird aus verschiedenen Teilen bestehen und Organisationen aller Art und Größe Hilfestellungen an die Hand geben, wie sie im Rahmen ihres Umweltmanagementsystems Maßnahmen treffen können, um konkrete Umweltaspekte zu managen oder auf veränderte Umweltbedingungen zu reagieren. Teil 1 von ISO 14002 wird allgemeine Leitlinien enthalten und bildet gleichzeitig die Grundstruktur für die nachfolgenden Teilnormen.

Die Notwendigkeit ISO 14005:2010, einer Anleitung für die Einführung eines Umweltmanagementsystems in mehreren Phasen, zu überprüfen, ergab sich aus der Revision von ISO 14001. Im Gegensatz zur bestehenden Norm ISO 14005 legt die revidierte Norm den Fokus auf den eigentlichen Implementierungsprozess für das Umweltmanagementsystem (UMS). Dabei wird von Projekten ausgegangen, die Schritt für Schritt die Elemente eines UMS implementieren und zusammen mit einem wachsenden Reifegrad zur vollständigen Umsetzung der Anforderungen von ISO 14001 führen. Das wesentliche Hilfsmittel ist dabei eine „Reifegrad-Matrix“, mit der die Organisation ihren Status in Bezug auf die einzelnen Elemente von ISO 14001 bestimmt. Der FDIS von ISO 14005 soll bis September 2018 erstellt und zur Abstimmung verteilt werden, so dass das Abstimmungsergebnis bis Ende November erwartet werden und eine Veröffentlichung bis März 2019 erfolgen kann.

Der vermehrten Nutzung von Umweltkosten Rechnung tragend werden seit 2016 auf ISO-Ebene zwei Normen erarbeitet. Die beiden Normen ISO 14007 „Bestimmung von Umweltkosten und Umweltnutzen“ und ISO 14008 „Monetäre Bewertung von Umweltwirkungen und verwandter Umweltaspekte“ werden helfen, Umweltkosten systematisch und nachvollziehbar in unternehmerischen und politischen Entscheidungen zu berücksichtigen. ISO 14007 stellt einen anwendungsorientierten Leitfaden dar. Neben den Umweltauswirkungen von Organisationen stehen dabei auch deren umweltbezogene Abhängigkeiten im Vordergrund – beispielsweise die Verfügbarkeit natürlicher Ressourcen. ISO 14008 liefert Anforderungen und Empfehlungen zur Durchführung und Dokumentierung von monetären Bewertungen von Umweltauswirkungen und den dazugehörigen Umweltaspekten. Die anhand von ISO 14008 ermittelten monetären Werte können in die Anwendung der ISO 14007 einfließen.  Die Veröffentlichung der Norm wird für Anfang des kommenden Jahres erwartet.

ISO 14009 ‘Material circulation of products’ wird unter koreanischer Leitung in der WG12 bearbeitet. Zur Durchsprache des ersten Normentwurfs (Working Draft, WD1) in Berlin kamen rund 50 Kommentare mit speziellem Fokus auf Definitionen und Klärungen (bspw. Materialkreislauf, Produkt, Komponente, Interessensgruppen in der Lieferkette). Der zeitliche Ablauf sieht vor, dass die CD-Stufe Ende 2018, die DIS-Stufe Ende 2019 und die Publikation Ende 2020 erfolgen sollen.

SC2 – Umweltaudit und verwandte Untersuchungsmethoden

Bei der Plenarsitzung des SC2 am 7. Juni 2018 wurde über die Erarbeitung von Methoden zur Überprüfung und der Bestätigung von Umweltberichten im Kontext mit dem zweiten Komitee-Entwurf (CD2) für die ISO 14016 (Guidelines on assurance of environmental reports) diskutiert. Aufgrund der erzielten Arbeitsfortschritte und Vorbereitungen beschloss das SC2, den neuen Entwurf als Vollentwurf (DIS) zur Abstimmung zu stellen.

ISO 19011:2018, einem Leitfaden zur Auditierung von Managementsystemen liegt bereits vor. Bei der Durchführung von Umweltaudits gemäß ISO 14001:2015 wird insbesondere im Hinblick auf die Fähigkeiten von Auditoren und der Durchführung von Audits zusätzlicher Bedarf gesehen. Dazu wurde eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe gegründet mit der Zielsetzung, eine zusätzliche Anleitung für interne Umweltauditoren zu speziellen Schwerpunktthemen zu erstellen.

SC5 – Ökobilanzen

Das SC5 bearbeitet alle Basisnormen, die eine Lebenszyklusperspektive einnehmen und sich mit verschiedenen Aspekten der Ökobilanzierung befassen.

Die SC5-Mitglieder haben auf der Plenarsitzung am 6.6.2018 in Berlin entschieden, die Ausarbeitung einer normativen Änderung zur ISO 14040:2006 zu beginnen. Dabei werden die Themen „Änderung von Definitionen“ und „editorielle Änderungen“ in einem Zeitraum von zwei Jahren bearbeitet. Die Ausrichtung der ISO 14040 bleibt unverändert. In einem weiteren Arbeitspaket wird ein zweiter Anhang für die ISO 14044 erarbeitet. Zusätzlich wird ein informativer Anhang zur ISO 14044 erarbeitet, der sich mit „Allokationsverfahren“ befassen wird.

Zu den Themenfeldern Allokationsverfahren sowie Wichtung und Interpretation gab es in Berlin einen Expertenworkshop, um sich zum Stand von Wissenschaft und Praxis auszutauschen. Im zweiten Teil dieses Workshops lag der Schwerpunkt auf Normalisierung, Wichtung, Aggregation und Interpretation von LCA-Ergebnissen. Für diesen Themenkomplex ist die Erarbeitung einer technischen Spezifikation mit dem Titel “Environmental management – Life cycle assessment – Principles, requirements and guidelines for weighting and interpretation“ vorgesehen. Für dieses Dokument wird ein Normantrag (New Work Item Proposal, NWIP) formuliert und zur Abstimmung gestellt werden.

Die drei Standards ISO 14045:2012 „Umweltmanagement – Ökoeffizienzbewertung von Produktsystemen – Prinzipien, Anforderungen und Leitlinien” und ISO/TS 14071:2014 „Umweltmanagement – Ökobilanz – Prozesse der Kritischen Prüfung und Kompetenzen der Prüfer: Zusätzliche Anforderungen und Anleitungen zu ISO 14044:2006“ und ISO/TS 14072 „Environmental management – Life cycle assessment – Requirements and guidelines for organizational life cycle assessment“ wurden bestätigt.

CAG – Chair’s Advisory Group

Auf Initiative der Task Group 1 “Items for future work” wurde beim Leitungstreffen (CAG) des ISO/TC207 beschlossen, eine Ad-hoc-Gruppe zum Thema “Circular Economy“ einzurichten. Es wurde ferner beschlossen, mit der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) zusammenzuarbeiten, da hier ebenfalls Standards zu diesem Thema erstellt werden

Autoren:

Bernhard Schwager, Obmann des NA 172-00-02-AA
Dr. Wiebke Meister, Projektmanagerin im NAGUS und der KU
Thomas Votsmeier, Mitarbeiter des NA 172-00-02-AA