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30. Juni 2011

„Excellence muss schlanker werden“

Dr. Walter Ludwig – Interimsleiter Deutsches Excellence Center – im Interview
Dr. Walter Ludwig (links) im Gespräch mit Benedikt Sommerhoff Mit der Revision des EFQM Excellence Modells haben sich auch die Assessmentverfahren gewandelt. Excellence muss schneller und schlanker werden und die Organisationen rasch nach vorne bringen. Diese Meinung vertritt Dr. Walter Ludwig, neuer Interimsleiter des Deutschen Excellence Centers (DEC). DGQ Seniorberater Benedikt Sommerhoff hat mit dem Experten darüber gesprochen, wie ein zeitgemäßer Business Excellence-Ansatz aussehen muss und was das für die Arbeit des DEC bedeutet. Sommerhoff: Herr Dr. Ludwig, die Anzahl der Unternehmen, die sich dem Thema Business Excellence widmen, ist in den letzten Jahren gestiegen? Was sind die Gründe hierfür und wie kann das DEC diese neue Zielgruppe unterstützen? Ludwig: Bis 2005 haben vor allem größere, bekannte Firmen das Thema Excellence gepuscht. Das ist auch heute noch so. Mit dem Unterschied, dass sich dem Thema zunehmend immer mehr mittelständische Organisationen verschreiben – auch im öffentlichen Sektor. Aus produzierenden Unternehmen in Deutschland und anderen bedeutenden Industrieländern sind Methoden, wie Produktionssysteme, Lean Ansätze und Six Sigma, nicht mehr wegzudenken. Sie stärken gerade jetzt die internationale Wettbewerbsfähigkeit. Das bedeutet aber nicht, dass hier auf Excellence verzichtet wird. Sie hat lediglich eine andere Bedeutung bekommen, da sich diese Unternehmen im Wettbewerb zunehmend über die weichen Faktoren voneinander differenzieren. Große Sprünge, wie nach der Einführung der zuvor genannten Systeme, gibt es hier nicht mehr. Nicht zu vergessen ist der kontinuierlich stark wachsende Dienstleistungssektor im privaten und öffentlichen Bereich. Hier zeigen immer mehr Unternehmen, dass sie exzellent sind – trotz der vermeintlichen Servicewüste Deutschland. Das EFQM Excellence Modell, Benchmarking und Lernen von Best Practices leisten den entscheidenden Beitrag, das Leben in die Wüste kommt. Aufgabe des Deutschen Excellence Centers ist es, diese Entwicklungen und die Bedürfnisse dieser neuen Kunden zu erkennen. Sommerhoff: Welche Bedürfnisse sind das und wie geht das Deutsche Excellence Center auf sie ein? Ludwig: Wir treffen auf knappe Ressourcen und beschränkt verfügbare Zeit. Es gilt, die Excellence-Projektmanager und Führungskräfte stärker zu unterstützen. Und zwar nicht, indem wir das Füllhorn aller Möglichkeiten und Excellence-Varianten über den Verantwortlichen ausgießen. Wir müssen die Methoden an den Reifegrad der Unternehmen anpassen und sie dabei unterstützen, diese mit den beschränkten Möglichkeiten der Organisation umzusetzen. Wenn das erste Level geschafft ist, geht es weiter mit dem nächsten geeigneten Methodenmix. Weniger, dafür intelligent eingesetzt, bringt da mehr. Die Aufgabe des DEC und der EFQM ist es, den Baukasten und die Module für ein solches Vorgehen zu definieren und individuell auf die heutigen Anwendergruppen anzupassen. Sommerhoff: Das spiegelt auch unsere Eindrücke und die Art und Weise wider, wie wir Unternehmen beraten. Weg von den methodischen Maximallösungen mit aufwändigen Trainings, hin zu einfachen, maßgeschneiderten Ansätzen, die die individuellen Herausforderungen der Organisation berücksichtigen. Die EFQM hat ihr Anerkennungsprogramm Levels of Excellence und den Preiswettbewerb (EEA) seit 2005 laufend überarbeitet. Was bedeutet das für die Bewerber? Ludwig: Excellence wird knapp und nüchtern, die schönen Aufsätze zum Beeindrucken der Assessoren verschwinden. Es geht darum, wie es vor Ort konkret läuft und nicht wie man sich selbst sieht. Das ist für beide Seiten – die Organisation und die Assessoren – gewöhnungsbedürftig und stellt eine Herausforderung dar. Es zählt, was konkret läuft und nicht was der Assessor laut Papierlage versteht oder was die Organisation vielleicht schon gerne sein möchte. Die Überarbeitung des Excellence Modells in 2010 wirkt da noch verschärfend. Denn es gilt, nicht nur die Erfolge der Vergangenheit zu verstehen und einzuordnen. Zusätzlich müssen die Assessoren in der Lage sein, die Eintrittswahrscheinlichkeit realistisch einzuschätzen. Einige Kollegen kommentierten das so: „Jetzt müssen wir auch noch den Blick in die Glaskugel beherrschen.“ Ich aus meiner europäischen Assessment-Erfahrung kann sagen, das geht sehr wohl – auch in Zeiten der Krise, kurz danach und jetzt im Aufschwung. Vorausgesetzt, beide Partner – Organisation und Assessor-Team – sprechen die Strategie, Pläne und Ziele offen, nüchtern und sachlich durch. Sommerhoff: Wie kann das veränderte EFQM Committed to Excellence-Verfahren beim Einstieg ins Thema unterstützten? Was hat sich dort getan? Ludwig: Der Einstieg in Excellence ist einfacher geworden, denn die EFQM hat auch das Committed to Excellence Verfahren (C2E) überarbeitet. Das ist eine positive Entwicklung. Derzeit planen wir hierfür zwei Info-Veranstaltungen im September und Dezember. Die Schlagzahl der Veränderungen steigt. Das DEC und die EFQM müssen Verfahren weiterentwickeln, aber gleichzeitig auch Leitplanken einziehen, die es den Organisationen und Assessoren ermöglichen, mit den Veränderungen umzugehen. Dabei liegt der Fokus auf den Organisationen und der Sinnvermittlung. Natürlich brauchen wir auch die kompetenten Prüfer (Assessoren), da werden wir als DGQ/DEC nicht loslassen und innovative Qualifizierungsangebote bereitstellen. Wichtig ist jedoch das gemeinsame Verständnis, dass zuerst der Nutzen für die Organisation im Vordergrund steht, nicht das System, das EFQM-Modell oder die Assessoren.