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15. August 2016

Aktueller Stand zur Revision von DIN EN ISO/IEC 17025: Von Prüf- und Kalibrierlaboratorien künftig mehr Unparteilichkeit gefordert

Die Norm, die die allgemeinen Anforderungen an die Kompetenz von Prüf – und Kalibrierlaboratorien festlegt, befindet sich in der Revision. Der zweite Entwurf (CD2) wurde bereits diskutiert, der Draft International Standard (DIS) ist in Vorbereitung. Im deutschen Normengremium, das an der Gestaltung von ISO/IEC 17025 mitwirkt, ist die Deutsche Gesellschaft für Qualität (DGQ) durch Axel Schwalm vertreten. Schwalm ist Vorsitzender des DGQ-Zertifizierungsbeirats und DGQ-Normenexperte. Als Begutachter für Prüf- und Kalibrierlaboratorien der Deutschen Akkreditierungsstelle (DAkkS) erklärt der langjährige DGQ-Trainer, auf welche Veränderungen sich Laboratorien im Zuge der Revision voraussichtlich einstellen müssen.

Aktuelle Diskussionspunkte 

Als wichtigste aktuelle Diskussionspunkte  nennt Schwalm Unparteilichkeit, Personalkompetenz, klare Entscheidungsregeln sowie Datensicherheit. „Der Begriff Unparteilichkeit – impartiality – wird die wichtigste Formulierung sein“, betont der DAkkS-Begutachter. So müssten Laboratorien unparteilich prüfen sowie Ergebnisse erzielen und bewerten. Auch müsse die Unparteilichkeit einer Risikobewertung inklusive  Eliminierungs- oder Minimierungsnachweis erfolgen. Im Gegensatz dazu betone die derzeitige Norm die „Unabhängigkeit – independency“. Mit dieser Forderung hätten jedoch diverse Laboratorien so ihre Probleme, vor allem, wenn sie in direkter Linienfunktion der Entwicklungsabteilung eines Unternehmens angesiedelt seien.

„Die Kompetenz des Personals wird künftig stärker gefordert als in der derzeitigen Norm“, sagt Schwalm und ergänzt, „Es werden keine Stellvertreter von Schlüsselpositionen mehr benannt. Wie in DIN EN ISO 9001, muss künftig kein Qualitätsmanagementbeauftragter mehr ausgewiesen werden“. Jedoch müsse die Funktionsfähigkeit eines Laboratoriums bei Abwesenheit der Verantwortlichen gewährleistet bleiben. Auch die Verantwortlichkeiten müssten im Top-Management des Laboratoriums angesiedelt sein.

Ebenso gelte es, Entscheidungsregeln für „bestanden/ nicht bestanden“ aufzustellen. Deshalb werde die metrologische Rückführung inklusive der Messunsicherheitsnachweise in der neuen Norm zusammengefasst und klarer definiert. Und da die meisten Ergebnisse elektronisch erfasst und gespeichert würden, werde das Thema Datensicherheit künftig eine größere Rolle spielen.

Schwalm nennt Abschnitt 3.9, der ein Labor wie folgt definiert: „Body that performs one or more of the following activities: calibration; testing; sampling, associated with subsequent calibrating and testing”. In Sachen Probenahme – sampling – werde derzeit noch diskutiert, wie diese „mit der anschließenden Kalibrierung oder Prüfung“ verbunden sein müsse.

Strukturelle Anpassungen durch High Level Structure

Auch strukturelle Anpassungen seien zu erwarten. Hier stelle sich vor allem die Frage, wie sich ISO/IEC 17025 bezüglich der High Level Structure als übergeordnete Struktur verändern werde. Die Hauptkapitel der neuen Struktur von ISO/IEC 17025 zitiert Schwalm im englischen Original: „1. Scope; 2. Normative references; 3. Terms and definitions; 4. General requirements; 5. Structural requirements; 6. Resource requirements; 7. Process requirements; 8. Management requirements; Annex A Metrological traceability; Annex B Managementsystem“.

Veränderungen werde es vor allem im Kapitel 1 „Scope“ geben. Darin seien drei Aufteilungen in der neuen Struktur vorgesehen: „5.5 ´range of laboratory activities` beschreibt die kompletten Laboraktivitäten. 6.5.1.2 ´externely provided products and services on ongoing basis` beschreibt externe Bereitstellung von Prüfmitteln und Dienstleistungen, wie etwa die Unterauftragsvergabe. 7.1.1.2 ´Claim conformity with this international standard` beschreibt die Kompetenz von Personal und Einrichtung des Laboratoriums“. Den letzten Bereich schätzt Schwalm als „national akkreditierbar“ ein.

Neue Prozessorientierung betont die Ergebnisse

Im Gegensatz zu ISO 9001 wurde bisher in ISO/IEC 17025 das Thema Prozessorientierung nur oberflächlich behandelt. Künftig werde die gesamte Norm jedoch prozessorientiert aufgebaut sein. Das habe zur Folge, dass die Betonung auf den Ergebnissen der Prozesse liegt und nicht mehr auf den Verfahren und wie etwas gemacht werden muss.  Prozessanforderungen würden Schwalm zufolge um neue Regelungen ergänzt: „Neu ist 7.7 ´Analysis of the results`. Dieser Abschnitt regelt Anforderungen an die Konformitätserklärung und die Interpretation der Ergebnisse. Der neue Abschnitt 7.12 ´Control of data –Information management` beschreibt Anforderungen bezüglich Informationssicherheit und Datenschutz“.

Risikobewertung wird zur Pflicht

Hingegen werde ein Risikomanagement ausdrücklich nicht gefordert. Dennoch müssten Prüf- und Kalibrierungslaboratorien  alle einzelnen Anforderungen der Norm einer Risikobewertung unterziehen. Dazu zitiert der DGQ-Normenexperte den derzeitigen Entwurfstext: “…. requires the laboratory to plan and implement actions to address risks and opportunities. Addressing both risks and opportunities establishes a basis for increasing the effectiveness of the quality management system, achieving improved results and preventing negative effects. The laboratory is responsible for deciding which risks and opportunities need to be addressed“. Dies betreffe nahezu alle Bereiche des Laboratoriums, wie die schon genannte Unparteilichkeit, die Qualifikation des Personals und der Einrichtung, die Durchführung der Prüfungen, aber auch die Bewertung der Ergebnisse.

Engerer Bezug zu ISO 9001

Damit wird der Bezug zu ISO 9001 deutlich verstärkt. Für Laboratorien, die einer Organisation mit einem Managementsystem nach ISO 9001 angehören, gelte künftig folgende Festlegung: “A laboratory that has established and maintains a management system, in accordance with the requirements of ISO 9001, and that is capable of supporting and demonstrating the consistent fulfilment of the requirements of clauses 4 to 7 of ISO/IEC 17025 also fulfils at least the intent of the management system section requirements (8.2 – 8.9)”. Das bedeute, dass die zusätzlichen Anforderungen aus den Abschnitten 4 bis 7 der neuen ISO 17025 im Managementsystem geregelt sein müssen. Hat ein Laboratorium kein Managementsystem nach ISO 9001 implementiert, so lege die Norm folgende Regelung fest:

“As a minimum the management system of the laboratory shall address: management system documentation, control of management system documents, control of records, actions to address risks and opportunities, improvement, corrective action, internal audits, management review”.