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Von der Linearen Wirtschaft zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy), Teil 2 – Hinweise für die Umstellung

Circular Economy

Der Circularity Gap Report 2021 titelt „Wir alle lassen die Menschen und den Planeten im Stich… damit unsere Welt lebenswert bleibt und blüht, müssen wir die globale Kreislaufwirtschaft von 8,6 Prozent auf 17 Prozent verdoppeln“ (englische Fassung übersetzt). Zweifelsfrei besteht dringender Handlungsbedarf. Was jedoch hindert Organisationen daran, die Transformation zu einer „Circular Economy“ voranzutreiben? Einige Organisationen können offensichtlich die Vorteile der Kreislaufwirtschaft „noch“ nicht erkennen. Gründe könnten sein: fehlende Zahlen, Daten, Fakten, fehlendes Wissen und/oder fehlende Ressourcen zur erfolgreichen Umsetzung.

Dem gegenüber stehen Erfolgsmeldungen von Unternehmen, die frühzeitig die Chancen erkannt haben. Im Mai 2022 veröffentlichte das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) eine Studie, aus der hervorgeht, dass Unternehmen mit zirkulären Geschäftsmodellen wirtschaftlich erfolgreicher sind. Die Kreislaufwirtschaft gilt daher als das Wirtschaftsmodell der Zukunft.

Wirtschaftliche Vorteile

Organisationen können durch eine zirkuläre Unternehmensstrategie wirtschaftliche Vorteile erzielen. Vom Rohstoffeinkauf und -einsatz über das Design als auch die Herstellung, den Vertrieb, die Verwendung, die Wiederverwertung und Reparatur sowie das Recycling bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, neue, innovative und insbesondere nachhaltige Lösungen zu entwickeln.

Ein funktionierendes Netzwerk mit Blick auf die vor- und nachgelagerten Prozesse der Wertschöpfungskette ist hierzu ebenso notwendig. Zulieferer und externe Dienstleister sind wichtige Partner. Viele Daten werden benötigt, um die neuen zirkulären Abläufe zu bewerten und, sofern notwendig, nachzubessern. Eine wesentliche Voraussetzung zur erfolgreichen Umsetzung ist ein hoher Digitalisierungsgrad.

Zweifellos ist zu beobachten, dass auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene die regulatorischen Vorgaben für die Transformation in Richtung einer Kreislaufwirtschaft zunehmen – soll heißen: Die Abkehr von einer linearen Wirtschaft ist alternativlos. Es lohnt sich für Organisationen, frühzeitig Kreislaufstrategien zu entwickeln und in Kreisläufen zu wirtschaften.

Dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sich hier schwertun, ist verständlich. Oftmals fehlt es an Ressourcen und/oder Unterstützung durch Experten. Nachfolgend eine kleine, nicht vollständige, Linksammlung zu Förderprogrammen. Hier finden Organisationen sowohl Anregungen zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft als auch Fördermöglichkeiten auf europäischer, bundesweiter und landesweiter Ebene:

Informationen zu Förderprogrammen und zur Umsetzung der Kreislaufwirtschaft 

Europäische Ebene

  • InvestEU-Programm: Das InvestEU-Programm stellt langfristige Finanzmittel für Projekte und Unternehmen bereit, mit denen die Kreislaufwirtschaft umgesetzt wird.
  • EU-LIFE-Programm: LIFE steht für „L’Instrument Financier pour l’Environnement“ und ist ein Förderinstrument der Europäischen Kommission in den Bereichen Umwelt-, Klima- und Naturschutz sowie Energiewende.

Bundesweite Ebene

Landesweite Ebene

  • IHK Darmstadt: Fördermittel für die Kreislaufwirtschaft, für Forschung und Innovation, für Investitionen und Umsetzungsprojekte, für Beratungsleistungen zum Thema „Zirkuläre nachhaltige Textilien“
  • Land Niedersachsen: Das Land Niedersachsen unterstützt KMU mit Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) bei Vorhaben zur Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz und zur Förderung der Kreislaufwirtschaft.

 

Beispiele für erfolgreich umgesetzte Kreislaufwirtschaft

Mit Blick auf die teils komplexen Anforderungen, welche mit der Transformation zur Kreislaufwirtschaft einhergehen, gibt es mittlerweile zahlreiche Beispiele, welche sehr gut zur Orientierung dienen können. Nachfolgend sind nur einige wenige exemplarisch aufgeführt.

  • Recup, Recircle und Vytal: Diese Unternehmen bieten Lösungen für die Gastronomie an. Speisen und Getränke lassen sich gegen Pfand in Mehrwegbehältern verpacken. Damit werden Einwegverpackungen komplett verzichtbar.
  • Patagonia: Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, hochwertige Kleidung herzustellen, welche möglichst lange hält. Darüber hinaus wird die Kleidung so gefertigt, dass sie einfach repariert werden kann. Falls mal etwas repariert werden muss, bietet das Unternehmen in einigen Stores Reparaturdienstleistungen für seine Produkte an. Hier können Kunden ihre Kleidung an sogenannten Repair-Stationen kostenfrei reparieren lassen.
  • Ikea: Für Ikea ist die Wiederverwendung der Produkte wichtig. Der Ikea-Service bietet seinen Kunden eine „Zweite Chance“ für Produkte an. Jene Produkte, für welche die Kunden keine Verwendung mehr haben, werden von Ikea aufgekauft und finden in den Ikea-„Fundgruben“ neue Besitzer.
  • BMW: Für BMW ist Zirkularität ein strategisch wichtiges Thema und die Organisation sieht darin vielfältige Chancen. Unter anderem reduziert die Wiederverwendung wertvoller Ressourcen die kritische Abhängigkeit von kostspieligen Primärrohstoffen.
  • Stadt Amsterdam: Die Stadt will bis 2030 ihren Rohstoffverbrauch um 50 Prozent verringern und bis 2050 vollständig auf Kreislaufwirtschaft umstellen. Das bedeutet, sich von den klassischen ökonomischen Ansätzen zu lösen, um das gesteckte Ziel zu erreichen.

Diese Aufstellung ließe sich beliebig fortführen. Aus allen Branchen und Bereichen, national und international, gibt es viele positive Beispiele. Sofern noch nicht geschehen, ist es an der Zeit, sich mit dem Thema intensiv auseinanderzusetzen. Der DGQ-Fachkreis Nachhaltigkeit steht als Netzwerkpartner gerne jederzeit für Fragen zur Verfügung.

 

Lesen Sie mehr zum Thema Circular Economy im ersten Teil der Beitragsreihe: Von der Linearen Wirtschaft zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy), Teil 1 – ein Überblick »

 

Über die Autoren:

Prof. Dr.-Ing. Irina Mazilu-Eyaz hat Materialwissenschaft an der Technischen Universität Darmstadt und am Imperial College London studiert. Während Ihrer 11-jährigen Berufstätigkeit bei einem internationalen Technologiekonzern sammelte sie Erfahrung im Qualitätsmanagement und wurde zur Methoden-Expertin für technische Problemlösung. Seit 2021 ist sie Professorin für Qualitätsmanagement und Werkstoffkunde an der Hochschule RheinMain und entwickelt auch neue Lehrveranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit. Im Mai dieses Jahrs wurde sie ins Leitungsteam des DGQ-Fachkreises Nachhaltigkeit gewählt.

Dr. Wilhelm Floer hat als promovierter Maschinenbauingenieur und Qualitätsmanagement-Experte zahlreiche praktische Erfahrungen im Rahmen von Audits gesammelt. Er war über zehn Jahre im QM-Bereich Automotive in den unterschiedlichsten Positionen bei verschiedenen Unternehmen (OEM und First Tier) tätig. Bei einem namhaften Haushaltsgerätehersteller hat er sich unter anderem für agiles QM und als Energie- und Umweltmanagementvertreter für Nachhaltigkeitsthemen eingesetzt sowie als Co-Autor bei der Erstellung der Nachhaltigkeitsberichte mitgewirkt. Als Dozent für die DGQ leitet Dr. Wilhelm Floer seit 2019 verschiedene Trainings. Derzeit arbeitet er als Digitaler Nomade und steht als Freelancer, Coach und Consultant für VDA-, QM-, UM-, EM- und Nachhaltigkeits-Themen zur Verfügung. Wilhelm Floer ist Mitglied des Leitungsteams des Fachkreis Nachhaltigkeit.

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