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Grundgedanken des EFQM Modells 2020

Grundgedanken des EFQM Modells 2020

Dr. Thomas Bäuerle hat als Mitglied des europaweiten Kernteams das EFQM Modell 2020 mitentwickelt. Der Gründungspartner von SSB Consult hat dadurch einen tiefen Einblick in die Entstehungsgeschichte und die Hintergründe der grundlegend überarbeiteten neuen Version erhalten. Die DGQ ist nationale Partnerorganisation der EFQM in Deutschland. Gemeinsam mit Claudia Welker, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der DGQ, erläutert Dr. Bäuerle die Grundgedanken des EFQM Modell 2020.

Wofür steht das EFQM Modell? Welchen Nutzen haben Organisationen, wenn sie es anwenden?

Bäuerle: Das EFQM Modell ist ein erprobter, praxisnaher und zugleich theoretisch fundierter Ansatz, um Organisationen zu managen und zu steuern. Es verbessert mit Blick auf heute die Leistungsfähigkeit und hilft darüber hinaus dabei, die Transformation für die Zukunft erfolgreich voranzutreiben. Wenn man das Modell anwendet, dann erhält man ein tiefes Verständnis für die entscheidenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge innerhalb einer Organisation und kann so gezielt und erfolgreich die Organisation optimieren und weiterentwickeln.

Aus meiner Sicht am wichtigsten ist jedoch, dass es sehr konsequent und sehr wirksam die Realisierung der Strategie forciert und gleichzeitig die Fähigkeit zu einer schnellen Reaktion auf Veränderungen – seien es Chancen oder Risiken – fördert.

Welker: Das neue EFQM Modell basiert auf den wesentlichen Megatrends, die die gesellschaftliche Entwicklung prägen und damit auch maßgebliche Auswirkungen auf die Unternehmen haben werden. Spannend finde ich, dass das EFQM Modell die gesamte Organisation umfasst und sie fit machen kann, um nachhaltig und erfolgreich zu handeln. ‚Nachhaltigkeit‘ ist eines der Zukunftsthemen, das die DGQ für sich definiert hat und bei dem wir auch die Brücke zur Qualität schlagen. Das Modell geht ganzheitlich vor und schafft einen 360-Grad Blick. Es impliziert einen Benchmark-Ansatz und bietet die Vergleichbarkeit durch Wettbewerbe und Assessments.

Was sind die Unterschiede zum vorherigen Modell und welche Rolle spielt im neuen Modell noch der Begriff „Excellence“?

Bäuerle: In dem Kernteam, das dieses EFQM Modell entwickelt hat, haben wir diesen Punkt intensiv diskutiert. Wir haben uns die Frage gestellt: ‚Wie weit gehen wir weg vom vorherigen Modell?‘ Über 60 Top-Führungskräfte – darunter auch Vorstände, Geschäftsführungen – aus ganz Europa haben wir befragt. Auf Basis dieser Rückmeldungen zum alten Modell sowie zu zukünftigen Herausforderungen und Anforderungen an ein solches Modell haben wir uns entschieden, eine fundamentalte Überarbeitung vorzunehmen. Schließlich entscheidet letztlich diese kritische und anspruchsvolle Zielgruppe, ob das Modell angewendet wird oder nicht. Das EFQM Modell 2020 hat somit gegenüber den Vorgängern eine grundlegende Überarbeitung erfahren – inhaltlich und optisch. Es ist aber auch deswegen ‚Fit für die Zukunft‘, weil wir die bewährten Aspekte aus dem alten Modell berücksichtigt und noch wirksamer gemacht haben. Die Dreiteilung in ‚Ausrichtung – Realisierung – Ergebnisse‘ macht das Modell besser verständlich und besser nachvollziehbar. Die aktive Gestaltung der Organisationskultur ist als zentraler Erfolgsfaktor verankert, auch indem ein modernes Führungsverständnis zugrunde gelegt wird.

Welker: Die Berücksichtigung von Megatrends sowie die Nachhaltigkeit als Bestandteil aller Aktivitäten habe ich bereits erwähnt. Das Modell betrachtet nicht mehr starre 3-Jahres-Trends, sondern legt den ‚strategischen unternehmerischen Zyklus‘ zugrunde. Somit können die Anwender deutlich besser die spezifischen Situationen in Märkten, die Produktentwicklungszyklen und ‚Ecosystems‘ einbeziehen, die für ihr Handeln ausschlaggebend sind. Der Begriff ‚Excellence‘ wird nicht mehr aktiv genutzt, weil es den Horizont zu sehr einengt. Zudem wird der Begriff ‚Excellence‘ inzwischen ganz oft mit operativer Exzellenz gleichgesetzt – und das ist zwar ein wichtiger, aber eben nur ein Baustein im EFQM Modell. Organisationen stehen heute und in Zukunft vor der Herausforderung, neben dem operativen Geschäft die Zukunftsfähigkeit der Geschäftsmodelle auf den Prüfstand zu stellen, um ggf. auch grundlegende Transformationen erfolgreich voranzutreiben zu können.

Warum ist das Thema EFQM für die DGQ interessant?

Welker: Das Modell ist aus meiner Sicht ein ‚Leadership‘-Ansatz, ein Managementmodell, das den Blick auf das große Ganze ermöglicht. Auch uns in der DGQ ist es wichtig, immer entscheidende Entwicklungen zu verfolgen und mögliche Auswirkungen auf Qualität und Managementsysteme zu identifizieren. Insofern passt die Perspektive des EFQM Modells sehr gut zu uns. EFQM ergänzt und erweitert unser Themen- und Angebotsspektrum sehr gut. Auch die DGQ hat ein Ecosystem. Und hier will die DGQ selbst eine sichtbare Rolle spielen. Dafür müssen wir unserem Netzwerk und unseren Kunden die richtigen Impulse zur Verfügung stellen und die passenden Lösungen bieten. Leadership, Change Management, Unternehmenskultur, Innovation und Transformation sind Managementaufgaben. Das EFQM Modell kann eine Hilfestellung für Organisationen sein, bei diesen Punkten das Richtige zu tun.

EFQM – das bedeutet Umsetzung, Beratung und Training. Was wäre das ideale Paket für Sie?

Bäuerle: Unsere Erfahrungen mit dem EFQM Modell zeigen, dass es dabei um einen Veränderungsprozess geht. Deshalb gilt es, zunächst im Führungskreis einer Organisation Klarheit über Nutzen und Ziele des Einsatzes zu schaffen. Hierbei können Überlegungen aus dem Kernteam und unsere Erfahrungen aus Projekten sehr hilfreich sein. Dazu gehören auch Beispiele aus anderen Organisationen. Natürlich geht es am Anfang dann auch darum, Qualifikationen aufzubauen. Dies kann beispielsweise über Trainings erfolgen, die wir anbieten. Neben den klassischen, von der EFQM lizenzierten, Veranstaltungen sind auch spezifische Top-Management-Trainings hilfreich, die dann schon den Charakter eines Workshops haben.

Auf der Basis sehe ich eine erste Analyse unter Nutzung des EFQM Modells 2020 als sehr sinnvoll an. Durch dieses Vorgehen lässt sich die Ausgangssituation gut bestimmen. Außerdem können Prioritäten gesetzt und die Erkenntnisse mit Strategie und Zielen verbunden werden.

Wichtig ist bei einem solchen ersten Assessment aus meiner Sicht eine zügige Ableitung der Prioritäten und Umsetzung von Verbesserungen. Sichtbare Fortschritte schaffen Akzeptanz und Unterstützung. Meist ermittelt ein Assessment sowohl strategische Projekte mit einer Laufzeit von 12 bis 24 Monaten als auch operative Verbesserungen mit wahrnehmbaren Verbesserungen nach sechs, maximal zwölf Monaten. Parallel dazu können dann weitere Qualifikationen aufgebaut werden. Das zweite Assessment erfordert dann in der Regel eine verfeinerte und tiefergehende Vorgehensweise. In allen Phasen ist eine punktuelle Unterstützung von Beratungsseite sinnvoll.

Unser Ziel ist es, in unseren Beratungsprojekten und den darin enthaltenen Schulungen, das Know-how und die Erfahrungen auch intern aufzubauen.

Was bietet die DGQ genau zum EFQM Modell an?

Welker: Die DGQ ist Partnerorganisation der EFQM und bietet in dieser Rolle und mit ihrem Netzwerk das gesamte Spektrum an Beratung, Assessment und Training zu Themen der EFQM an. Alles, was EFQM ist und ausmacht, erhält man bei der DGQ aus einer Hand.

Übrigens bieten wir ausgewählte Themen in gleicher Qualität auch als E-Trainings an. Zwei Beispiele sind hier das Foundation Training oder das gemeinsam mit Dr. Bäuerle entwickelte 4-stündige Training „Das EFQM Modell 2020 – Ein Schnelleinstieg“ für interessierte Organisationen, die sich erste Informationen holen und in die Diskussion über Nutzen und Anwendung des Modells in ihrer Organisation einsteigen möchten.

Zu den DGQ-Trainings zum Thema EFQM »

Was ist das Spezielle dieses Ansatzes? Wodurch differenziert er sich von anderen Managementansätzen?

Bäuerle: Speziell ist sicherlich der Anspruch, Nachhaltigkeit als Bestandteil aller Aktivitäten anzusehen. Denn dieses Thema ist nicht mehr wegzudenken. Zudem finde ich die ganzheitliche Sichtweise wichtig. Das EFQM Modell vereinigt alle wesentlichen Erfolgsfaktoren in einem Ansatz. Es finden sich darüber hinaus die Megatrends in den jeweils betroffenen Kriterien wieder. Zudem ist es kein Ansatz einer einzelnen Beratungsgesellschaft oder einer einzelnen Universität, sondern es sind die Erfahrungen und das Wissen unterschiedlichster Organisationen sowie der Input von über 60 Top-Führungskräften inklusive ihrer Sicht auf die Zukunft eingeflossen.

Welker: Ich bin bei der DGQ als Geschäftsführerin tätig und in der Verantwortung, die Zukunftsfähigkeit unserer Organisation sicher zu stellen. Dabei gilt es, die ‚Vogelperspektive‘ einzunehmen, ganzheitlich zu denken, die richtigen Fragen zu stellen und Entscheidungen zu treffen. Deshalb ist es mir wichtig, dass ein Ansatz aktuell, glaubwürdig und umsetzbar ist.

Ein Beispiel: Das EFQM Modell ist modern und digital. Die sogenannte Assess Base, über die sich alle Assessments abbilden lassen, ist als digitales System konzipiert, sichert zugleich die Qualität der Assessments und ist zentraler Datenpool, mit dem sich der Verbesserungsprozess einer Organisation auch langfristig gut messen und steuern lässt. Die EFQM Knowledge Base schafft Mehrwert durch die Verfügbarkeit von Informationen – weltweit.

Was sind die Erfolgsfaktoren bei der Einführung eines solchen Modells im Unternehmen? Wie lassen sich Widerstände überwinden?

Bäuerle: Wichtig sind aus meiner Sicht zeitnahe und sichtbare Erfolge und Fortschritte. Führungskräfte und Mitarbeiter eines Unternehmens müssen sehen, dass es vorangeht und sich der Einsatz und die Nutzung des EFQM Modells lohnen. Genauso entscheidend ist es, das Top-Management sowie weitere Schlüsselpersonen und Multiplikatoren in der Organisation einzubinden und bei ihrer Rolle zu unterstützen. Dazu gehört auch, alle wesentlichen Unternehmensfunktionen frühzeitig ins Boot zu holen. Schließlich müssen die gesetzten Ziele, der erwartete Nutzen sowie die geplante Vorgehensweise transparent und für alle verständlich kommuniziert werden.

Worin besteht bei der EFQM die Qualitätsorientierung? Was für einen Qualitätsbegriff legen Sie zugrunde?

Welker: Ich habe den Eindruck, dass die Diskussion immer mehr dahin geht, dass sich die Anwender fragen, wofür das ‚Q‘ in ‚EFQM‘ noch steht, weil es scheinbar nicht mehr so stark zählt. Die Frage des Qualitätsbegriffs stellt sich auch für die DGQ. Sicherlich wird es auch künftig darum gehen, die Kundenanforderungen in einem möglichst hohem Grade zu erfüllen, das heißt das bestmögliche Kundenerlebnis zu schaffen. Das macht Qualität eben aus. Doch diese Kundenanforderungen – und damit die eine Seite dieser Gleichung – wandeln sich immer dynamischer. Was Organisationen unter diesen Voraussetzungen leisten müssen, ändert sich damit ebenfalls. Sie müssen flexibler werden. Das EFQM Modell schafft einen Rahmen, um in einer sich schnell wandelnden Welt schnell reagieren zu können. Ganz wichtig: ‚Flexibel‘ bedeutet dabei nicht ‚beliebig‘. Eine Balance zwischen Konstanz und Veränderung in einer volatilen Welt – genau in diesem Punkt entspricht das EFQM dem Qualitätsgedanken.

Der Begriff „Ecosystem“ taucht im EFQM Modell immer wieder auf. Was bedeutet dieser Begriff und welche Rolle spielt er im EFQM Modell?

Welker: Organisationen bewegen sich in einem Kontext, sie sind nicht alleine, sondern Teil eines Ecosystems, ihres Umfeldes in einem sehr weit gefassten Sinne. Das Ecosystem kann zahlreiche Facetten aufweisen. Insgesamt besteht es aus drei Ebenen. Zunächst gibt es das globale oder weitere Umfeld, das in der Regel durch die Megatrends charakterisiert ist, die eine Organisation beeinflussen und beschäftigen. Eine weitere Ebene bilden der Markt oder das „Spielfeld“, auf dem wir uns als Organisation bewegen. Und wenn man noch stärker hineinzoomt, umfasst das Ecosystem das direkte Umfeld und die Interessengruppen, mit denen wir zusammenarbeiten oder die wir zumindest berücksichtigen müssen. Das klingt sicher einfacher, als es der Aufbau eines wirklichen ‚Ecosystems‘ tatsächlich ist. Es ist nicht das ‚altbewährte‘ und dennoch eher lose Kooperationsmodell, sondern erfordert kollaborative Geschäftsmodelle und gemeinsame Leistungserbringung gepaart mit einer innovativen Denkweise. Die Ausbaustufe eines ‚Ecosystems‘ entscheiden die Organisationen – die Möglichkeit diesen Ansatz in die strategische Betrachtung einzuschließen bietet sich durch die Anwendung des EFQM Modells.

Bäuerle: Die Rolle des Ecosystems ist ganz zentral. Es bildet die Grundlage für die Strategieentwicklung und ist zugleich die Voraussetzung für ihre Realisierung. In diesem Sinne ermöglicht es ein Verständnis für Komplexität, schafft Klarheit über die Stakeholder-Landschaft, identifiziert erfolgskritische Einflussfaktoren und erkennt nutzenstiftende Optionen für Netzwerke. Damit ist es eine Basis für die Nutzung des EFQM Modells 2020 und ganz generell gesprochen absolut erfolgskritisch alle Organisationen.

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