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Die deutsche Medizinprodukte-Branche: vom Mittelstand geprägt, von Innovation getragen

Die Medizinprodukte-Branche nimmt als Akteur der industriellen Gesundheitswirtschaft eine wichtige Rolle ein. Sie ist zudem beispielhaft für die hohe Bedeutung des Mittelstands in der deutschen Wirtschaft. Neben dem Beitrag, den sie für die Sicherstellung und Weiterentwicklung qualitativ hochwertiger Patientenversorgung leistet, bietet sie großes wirtschaftliches Potenzial. Doch Lieferschwierigkeiten, politische Unwägbarkeiten und andere Herausforderungen ziehen auch an der mittelständisch geprägten Medizinprodukte-Branche nicht folgenlos vorbei. Auch branchenspezifische Entwicklungen, wie die Änderungen in der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR), setzen insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen weiterhin unter Druck.

International als verlässlicher Zulieferer bekannt

Technologische Durchbrüche, die Zunahme von Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, der demografische Wandel und der mit diesen Entwicklungen einhergehende stetig wachsende klinische Versorgungsbedarf – die Faktoren die dazu führen, dass Medizinprodukte zunehmend an Bedeutung gewinnen, sind vielfältig. Die große Bandbreite der Medizinprodukte umfasst Verfahren und Lösungen für Diagnostik und Therapie. Sie leisten in vielerlei Hinsicht einen wichtigen Beitrag: Zum einen tragen sie maßgeblich zur Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems und zur Patient:innenversorgung bei. Ob Lesebrille, Katheter, Implantate oder Röntgengerät – für Patient:innen bedeuten die verschiedenen Produkte konkret gesteigerte Lebensqualität, in vielen Fällen sogar lebensrettende Therapie. Zum anderen ist die die deutsche Medizinprodukte-Branche mit über 400.000 verschiedenen Produkten und einem Gesamtumsatz von 38,4 Milliarden Euro im Jahr 2022 ein wachstumsstarker und heterogener Wirtschaftszweig. Angesichts der über 250.000 Beschäftigten ist sie zudem aus beschäftigungspolitischer Perspektive von großem Interesse. Doch nicht nur national, auch international erfreuen sich deutsche Medizinprodukte großer Beliebtheit. Mit einer Exportquote von 67 Prozent im Jahr 2022 sind die deutschen Unternehmen auf dem internationalen Markt als verlässliche Zulieferer von qualitativ hochwertigen Produkten bekannt. Die im internationalen Vergleich starke Stellung zeugt davon, dass Deutschland als guter Standort für Innovation und Produktion geschätzt wird.

Hohe Relevanz kleiner und mittlerer Unternehmen

Die Branche ist stark mittelständisch geprägt. Die Betrachtung der Betriebsverteilung nach Beschäftigtengrößenklassen zeigt, dass rund 93 Prozent der Unternehmen, rund 1.300 Betriebe, weniger als 250 Mitarbeiter:innen beschäftigen und somit zur Kategorie der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zählen. Der Anteil der Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter:innen beläuft sich indes auf nur 7 Prozent. 4 Prozent davon sind Unternehmen mit 250 bis 499 Mitarbeiter:innen, 3 Prozent mit 500 und mehr.

Doch ist der Mittelstand nicht nur aufgrund seiner Betriebsstärke von entscheidender Bedeutung für die Medizinprodukte-Branche:

  • Agilität und Flexibilität: KMU sind in ihrem Handeln oftmals agiler und flexibler als große Konzerne. Sie können schneller auf neue Marktanforderungen und technologische Entwicklungen reagieren und tragen so zu einem dynamischen Markt bei.
  • Nähe zum Markt: KMU sind oft in engerem Kontakt mit dem Markt, als größere Unternehmen und sind daher besser vertraut mit den Schmerzpunkten und Bedürfnissen ihrer Kunden. So können sie effektiver auf spezifische Anforderungen reagieren und Produkte entwickeln, die präzise auf diese Bedürfnisse zugeschnitten sind.
  • Spezialisierung: Viele KMU in der Medizinprodukte-Branche haben ein feines Gespür für Nischenmärkte. Dies ermöglicht es ihnen, hochspezialisierte Lösungen zu entwickeln, die von größeren Unternehmen möglicherweise nicht verfolgt werden.

KMU sind insofern maßgeblich für die Vielfalt verantwortlich, für die die deutsche Medizinprodukte-Branche bekannt ist. Sie sind zudem von einer starken Innovationskultur geprägt und fördern Kreativität und Austausch.

Anspruchsvolles Innovationsumfeld

Die deutsche Medizinprodukte-Branche ist hoch innovativ und von kurzen Produktzyklen geprägt: Rund ein Drittel des Umsatzes wird in der Medizinprodukte-Branche mit Produkten erzielt, die weniger als drei Jahre alt sind. Im Durchschnitt investieren die Unternehmen rund 9 Prozent ihres Umsatzes in Forschung und Entwicklung. Und das, obwohl Innovation in der Medizinprodukte-Branche deutlich anspruchsvoller ist, als in manch anderer Branche:

  • Strenge Regulierung: Die Branche unterliegt strengen regulatorischen und normativen Anforderungen. Für die Entwicklung und Markteinführung neuer Produkte müssen zahlreiche Gesetze und Normen berücksichtigt werden, die beispielsweise hohe Ansprüche an die klinische Erprobung und Dokumentation definieren und so die Sicherheit der Produkte sicherstellen.
  • Langwierige Entwicklungszyklen und hohe Kosten: Die Entwicklung neuer Medizinprodukte kann viele Jahre in Anspruch nehmen und ist ausgesprochen kostenintensiv. Dies liegt unter anderem an den umfangreichen formalen Anforderungen an die Entwicklung und Voraussetzungen für die Zertifizierung.
  • Komplexe Technologie: Medizinprodukte nutzen oft hochkomplexe Technologien, die spezialisiertes Fachwissen erfordern. Die Integration von Elektronik, Software und Mechanik setzt ein tiefes Verständnis verschiedener Fachgebiete voraus.

Alles in allem erfordert die Innovation in der Medizinproduktebranche ein hohes Maß an Fachwissen, Ressourcen und Zeit.

Chancen und Herausforderungen

Die Branche sieht sich aktuell vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Zum einen wirken Trends und Entwicklungen wie die digitale Transformation, Fachkräftemangel und Lieferkettenunsicherheiten sowie die in Folge der Corona-Pandemie gestiegenen Kosten belastend auf die Unternehmen. Zum anderen bedeutet die Änderung in der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR), etwa die verschärften Anforderungen an die klinische Bewertung, einen wesentlichen Mehraufwand. Diesen können insbesondere die KMU, aber auch die mit der Zulassung betrauten „Benannten Stellen“ in vielen Fällen nicht leisten. Lassen sich hierfür keine pragmatischen Antworten finden, ist zu befürchten, dass die Hersteller ihr Produktportfolio reduzieren. In der Folge wären dringend benötigte Medizinprodukte nicht mehr verfügbar.

Fazit

Deutschland braucht einen zukunftsfähigen Markt und einen starken Mittelstand. KMU sind in der Medizinproduktebranche von zentraler Bedeutung, da sie nicht nur Innovationen vorantreiben, sondern auch zur Vielfalt und vor allem zur Lösung gesundheitlicher Herausforderungen beitragen. Ihre Fähigkeit, schnell zu handeln und auf lokale und globale Bedürfnisse zu reagieren, macht sie zu einem unverzichtbaren Teil der deutschen Wirtschaft.

 

Über den Autor:
Nathalie Roskaritz ist als Produktmanagerin in der DGQ Weiterbildung für die Angebote im Bereich Medizinprodukte verantwortlich.

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