ISO-GPS: Geometrische Tolerierung (Form- und Lagetoleranzen)

Unter der geometrischen Tolerierung versteht man die Festlegung der Form-, Richtungs- Orts- und Lauftoleranzen zur Spezifikation von Werkstücken. Aktuell beinhaltet die Norm DIN EN ISO 1101 die gültigen Regeln und Symbole zur geometrischen Tolerierung der Bauteile.
Neben der geometrischen Tolerierung konzentriert sich die dimensionelle Tolerierung auf die zulässigen Abweichungen der lineare Größenmaße und Winkelgrößenmaße. Lesen Sie hier mehr dazu.
DIN EN ISO 1101 – Tolerierung von Form, Richtung, Ort und Lauf
DIN EN ISO 1101 enthält grundlegende Informationen und Regeln für die geometrische Tolerierung von Werkstücken. Hierzu zählen Definitionen der Form- und Lagetoleranzen, Symbole und Zeichnungsangaben. Folgende Toleranzen werden unterschieden:
- Formtoleranzen: Geradheit, Ebenheit, Rundheit, Zylinderform
- Richtungstoleranzen: Rechtwinkligkeit, Parallelität, Neigung
- Ortstoleranzen: Position, Konzentrizität, Koaxialität, Symmetrie
- Lauftoleranzen: Rundlaufspezifikationen axial und radial
- Linien- und Flächenprofiltoleranzen (Details: ISO 1660)
DIN EN ISO 5459 – Bezüge und Bezugssysteme
Die Basis für die Bemaßung der Lagetolerierungen von geometrischen Elementen und für deren Prüfung (Ausrichtung) ist der Bezug beziehungsweise das Bezugssystem. In der Norm DIN EN ISO 5459 (GPS) – Geometrische Tolerierung – Bezüge und Bezugssysteme sind die geltenden Regeln enthalten.
- Einzelbezüge, gemeinsame Bezüge, Bezugssysteme
- Kennzeichnung der Bezugselemente
- Symbole für Bezugsstellenangaben
- Modifizierersymbole
- Eintragungsregeln
- Assoziation (messtechnische Zuordnung) von Bezügen
Bezüge und Bezugssysteme nach DIN EN ISO 5459
Bezüge sind theoretisch exakte Geometrieelemente, die aus Punkten, Geraden, Flächen oder Kombinationen daraus gebildet werden können. Diese idealen assoziierten Geometrieelemente werden aus den angegebenen Bezugselementen am Werkstück gebildet.
Sie dienen der Aufnahme und Ausrichtung zur Herstellung und Prüfung der Werkstücke mit geometrischen Toleranzen und werden durch einen Bezugsindikator angegeben.
Vollständiges „hierarchisches“ Bezugssystem
Ein Bezugssystem wird durch die geordnete Angabe von zwei oder drei Bezügen im Toleranzrahmen angegeben. Mit dem Bezugssystem werden die erforderlichen Freiheitsgrade zur Ausrichtung eines Bauteils fixiert.
Die Reihenfolge der Kennbuchstaben der Bezüge, die großen Einfluss auf das Ergebnis hat, ist gleichzeitig die Rangfolge für die Bildung des Bezugssystems. Die Bezugsebenen sind theoretisch exakte Geometrieelemente und stehen dabei senkrecht zueinander!
Damit die Bezugselemente am Bauteil genutzt werden können, müssen sie sinnvoll spezifiziert sein.
- Primärbezug: Formtoleranz
- Sekundärbezug: Rechtwinkligkeit (Orientierung) zum Primärbezug
- Tertiärer Bezug: Rechtwinkligkeit (Orientierung) zum Primär- und Sekundärbezug
- Mit kleineren Toleranzen als bei der Positionstoleranz
Beispiel 1: Bezugssystem an einer Bohrplatte mit Positionstoleranz
Formtoleranz
Formtoleranzen begrenzen die zulässigen Abweichungen eines Geometrieelementes von seiner geometrischen idealen Form. Sie bestimmen die Toleranzzone, innerhalb der das extrahierte (erfasste) Ist-Geometrieelement liegen muss und eine beliebige Form haben darf.
Lagetoleranz (Richtungs-, Orts- und Lauftoleranzen)
Lagetoleranzen begrenzen die zulässigen Abweichungen von der geometrischen idealen Lage zweier oder mehrerer Geometrieelemente zueinander, von denen eines oder auch mehrere als Bezugselement oder Bezugssystem festgelegt wird.
Typische Beispiele zur geometrischen Tolerierung nach ISO 1101
Erfahren Sie mehr zu den ISO-GPS-Tolerierungsgrundsätzen.
Aktuelle ergänzende Möglichkeiten, Eintragungsregeln und Symbole nach ISO 1101
Die bekannten Symbole für die Toleranzarten Form-, Richtungs- Orts und Lauftoleranzen haben sich nicht geändert. Es wurden weitere Symbole und Regeln zur Eintragung von Toleranzen in 2D- und 3D-Modellen eingeführt. Beispiele sind:
- 3D-Eintragungsregeln
- Anzeiger zur Kennzeichnung von Schnittebenen
- Anzeiger zur Orientierung der Toleranzzone
- Anzeiger zur Tolerierung von beliebigen Querschnitten (ACS)
- Symbol zur Tolerierung im „freien Zustand“ (F)
- Symbol zur Kennzeichnung abgeleiteter Geometrieelemente (A)
- Eintragung eingeschränkter Geltungsbereiche
- Eintragung der Toleranz für zusammengesetzte Geometrieelemente (UF)
- Erläuterungen zu den Modifikatoren „rundum” und „rundherum”
- Eintragung ungleichmäßig verteilter Toleranzzone (UZ)
- Eintragung separater Toleranzzonen (SZ)
- Eintragung versetzter Toleranzzone (OZ)
- geänderte Eintragung für projizierte Toleranzzonen (P)
- weitere
Beispiele für Symbole und Spezifikationsoperatoren sind im Folgenden dargestellt:
Tolerierung von Nicht-Größenmaßen nach DIN EN ISO 14405-2
Beispiel zur geometrischen Tolerierung von Mittenabständen und Stufenmaßen
Linienprofiltoleranz nach ISO 1101 / ISO 1660
Linienprofiltoleranz mit Sammlungs-Anzeiger als „rundum“ tolerierte Geometrieelemente und SZ-Angabe
Durch die Angabe „SZ“ werden die Toleranzzonen für einen Satz von Geometrieelementen, die durch das „rundum-Symbol“ identifiziert sind, unabhängig voneinander betrachtet. Die Toleranzzonen stehen in keiner Beziehung zueinander. Die jeweiligen Linien sind unabhängig voneinander toleriert.
Die Nenngeometrie (TEF) muss mit TED-Maßen oder über das CAD-Modell (ISO 16792:2021-04) definiert werden! MBD – Model Base Definition (ASME Y14.41:2019)
Linienprofiltoleranz mit Sammlungs-Anzeiger als „rundum kombinierte“ Toleranzzone und CZ-Angabe
Durch die Angabe „CZ“ werden die Toleranzzonen für einen Satz von Geometrieelementen, die durch das „rundum-Symbol“ identifiziert sind, kombiniert. Die Außenkanten sind dabei scharfkantig. Toleriert sind alle Linienzüge innerhalb der kombinierten Toleranzzone.
Linienprofiltoleranz mit Sammlungs-Anzeiger als „rundum zusammengesetztes“ Geometrieelement mit UF-Angabe
Durch die Angabe „UF“ werden die zusammengesetzten Geometrieelemente als ein Geometrieelement betrachtet und durch das „rundum-Symbol“ zusammengefasst. Die Außenkanten sind dabei abgerundet. Toleriert sind alle Linienzüge auf der zusammengesetzten Fläche.
Anwendungsbeispiel für den Orientierungsebenenindikator
Wird ein abgeleitetes Geometrieelement aus zwei Richtungen mit jeweils zwei parallelen Ebenen begrenzt, muss die jeweilige Richtung durch die Angabe eines Orientierungsebenenindikators angegeben werden.
Tolerierung nicht-formstabiler Teile nach DIN EN ISO 10579
Die mit ≅ gekennzeichneten Toleranzen sind in „freiem Zustand“ einzuhalten. Die anderen Toleranzen sind unter den angegebenen Bedingungen einzuhalten.
Der Autor Manfred Weidemann ist DGQ-Trainer und Geschäftsführer von Quality Office. Quality Office betreut seit über 25 Jahren kleine und mittelständische Unternehmen in den Bereichen Qualitätsmanagement, Prozessoptimierung, Zeichnungsprüfung und Längenprüftechnik/Fertigungsmesstechnik.
ISO-GPS: Dimensionelle Tolerierung nach DIN EN ISO 14405

Unter der dimensionellen Tolerierung versteht man die Festlegung der Toleranzen für Längen- und Winkelmaße (lineare Größenmaße und Winkelgrößenmaße). Aktuell beinhalten die Normen DIN EN ISO 14405-Teil 1, Teil 2 und Teil 3 die gültigen Regeln und Symbole zur Tolerierung der Bauteile. Durch die ergänzende Angabe relevanter Spezifikationsoperatoren (ISO 14405-1, ISO 14405-3) können Größenmaßelemente funktionsgerecht spezifiziert werden. Nach dem Grundsatz der Unabhängigkeit (ISO 8015, Kapitel 5.5) gilt als Default das Unabhängigkeitsprinzip. Das Hüllprinzip muss bei Bedarf vom Konstrukteur angegeben werden. Die globale Festlegung für das Hüllprinzip kann durch folgende Angabe im Schriftfeld erfolgen: „Size ISO 14405 {“.
DIN EN ISO 14405-1, -2, -3
DIN EN ISO 14405-1 legt Spezifikationsoperatoren (Tolerierungsregeln) für lineare Größenmaße fest. Lineare Größenmaße sind die Maße von Geometrieelementen (Größenmaßelemente) wie:
- Durchmesser an einem Zylinder, zum Beispiel Wellen und Bohrungen
- Durchmesser an einer Kugel
- Durchmesser an einem Kreis
- Durchmesser am Querschnitt eines Torus
- Abstand gegenüberliegender paralleler Geraden
- Abstand gegenüberliegender paralleler Ebenen, zum Beispiel Breiten von Nuten und Federn
DIN EN ISO 14405-2 legt Tolerierungsregeln (geometrische Tolerierung) für nicht-lineare Größenmaße fest.
Nicht-lineare Größenmaße sind zum Beispiel:
- Lineare oder winklige Mittenabstände
- Stufenmaße
- Radien, Bogenmaße
- Fasen, Abschrägungen
- Maße zur Bestimmung von Profilformen und Konturen
Hier führen Maßtoleranzen zu einer Spezifikationsmehrdeutigkeit. Deshalb ist die „geometrische Tolerierung“ (Form- und Lagetoleranzen) der Maßtolerierung vorzuziehen!
DIN EN ISO 14405-3 legt Spezifikationsoperatoren (Tolerierungsregeln) für Winkelgrößenmaße fest.
Winkelgrößenmaße sind die Maße von Geometrieelementen (Größenmaßelemente) wie:
- Kegel, Kegelstumpf
- Keil
DIN EN ISO 14405-1:2017-07 Spezifikationsmodifikatoren mit Beschreibung für lineare Größenmaße

1) Rangordnungsgrößenmaße können als Ergänzung zu berechneten oder globalen Teilbereichsgrößenmaßen oder örtlichen Größenmaßen verwendet werden.
DIN EN ISO 14405-1:2017-07 Allgemeine Spezifikations-Modifikationssymbole für lineare Größenmaße

2) Das Symbol UF kann angewendet werden für die Identifizierung eines vereinigten Größenmaßelements oder eines vereinigten Geometrieelements, das kein Größenmaßelement ist.
Beispiel 1: Spezifikation Motorwelle
Beispiel 2: Hüllelement und Pferchelement
DIN EN ISO 14405-3:2017-07 – Spezifikationsmodifikatoren mit Beschreibung für Winkelgrößenmaße

1) Das Rangordnungswinkelgrößenmaß kann zusätzlich zum berechneten Teilbereich-Winkelgrößenmaß oder globalen Teilbereich-Winkelgrößenmaß oder örtlichen Winkelgrößenmaß verwendet werden.
DIN EN ISO 14405-3:2017-07 – Allgemeine Spezifikations-Modifikationssymbole für Winkelgrößenmaße
Beispiel 3: Zwei-Linien-Winkelgrößenmaß und Gauß-Assoziationskriterium
Der Autor Manfred Weidemann ist DGQ-Trainer und Geschäftsführer von Quality Office. Quality Office betreut seit über 25 Jahren kleine und mittelständische Unternehmen in den Bereichen Qualitätsmanagement, Prozessoptimierung, Zeichnungsprüfung und Längenprüftechnik/Fertigungsmesstechnik.
Der eigenen Rolle als “KVP-Treiber-ohne-zu-bevormunden” bewusst sein

Dr. Ingo Hüttner ist Vorsitzender der Geschäftsführung des Alb Fils Klinikums und Vorstandsmitglied der DGQ. In unterschiedlichen Rollen und Funktionen hat er sich bereits in der die DGQ engagiert. Umgekehrt hat ihn die DGQ bei verschiedenen beruflichen Stationen begleitet. Entsprechend kann Dr. Hüttner im Interview aus unterschiedlichen Perspektiven auf das Thema „Beruf und Karriere im QM-Bereich“ blicken.
Qualität ist ein klassisches Querschnittsthema, das für alle Branchen und Berufe relevant sein kann. Welche Verbindung haben Sie als Facharzt für Anästhesiologie und auch als Diplom-Betriebswirt zu diesem Thema?
Dr. Hüttner: Meine beiden Studiengänge ergänzen sich perfekt – ärztliche Tätigkeit ist dem Grunde nach immer mit Ressourcensteuerung verbunden und hier habe ich von meinen Ausbildern ein fundiertes Rüstzeug an die Hand bekommen. Gerade in übergeordneter administrativer Verantwortung kann ich so unser oberstes Qualitätsziel, die möglichst umfängliche Erfüllung von Kundenanforderungen, mit den therapeutischen und pflegerischen Mitteln unserer Klinik gut verfolgen. Gerade die Werkzeuge des QM und das Anwenden eines grundsätzlichen Normenverständnisses unterstützen dabei, einerseits auf die sich ständig wechselnden Rahmenbedingungen zu reagieren und andererseits das Unternehmen proaktiv und gestaltend auf die Zukunft vorzubereiten. Wir werden in Göppingen 2025 eine der modernsten Kliniken Deutschlands in Betrieb nehmen – das erste GreenHospital in Baden-Württemberg; hier werden viele unserer Handlungsprinzipien aus Medizin, Betriebswirtschaft und QM erlebbar werden.
Seit 2006 sind Sie Mitglied der DGQ. Was hat Sie damals überzeugt, Mitglied zu werden?
Dr. Hüttner: Nach meiner Facharztausbildung am Klinikum Ludwigshafen wechselte ich in eine administrative Leitungsfunktion an der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik Ludwigshafen. Dort übernahm ich umfangreiche Verantwortung für Prozesse und Strukturen. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, machte ich bei der DGQ meine Ausbildung bis zum Auditor und bin dann bei der DGQ „hängen“ geblieben.
Im Laufe der Zeit haben Sie sich in unterschiedlichen Rollen für die DGQ engagiert. Können Sie uns einen Einblick in die verschiedenen Stationen geben?
Dr. Hüttner: Nach der Ausbildung zum Auditor war ich nebenberuflich über viele Jahre als Trainer für QM im Gesundheitswesen für die DGQ tätig und habe auch eine Vielzahl von inhouse-Beratungsaufträgen für die DGQ bearbeitet.
Was ist das Spannende an einer Trainer-Tätigkeit für die DGQ? Welche Erfahrungen haben Sie in den Weiterbildungsveranstaltungen gemacht?
Dr. Hüttner: Die Trainertätigkeit bei der DGQ war für mich immer mit einem kontinuierlichen Lernen verbunden. Aufgrund der Vielzahl der unterschiedlichen Berufe und Unternehmen der Teilnehmer in den Kursen ist eine der wesentlichen Aufgaben des Trainers, mit konkreten Beispielen eine Übertragbarkeit der Lerninhalt auf das jeweilige Berufsumfeld sicherzustellen. Hier kann ich auf ein tiefes Verständnis von Gesundheitsdienstleistungen zurückgreifen und in den Feedbacks zu meinen Kursen wird gerade der intensive Praxisbezug immer wieder sehr betont.
Als Mitglied des Vorstands gestalten Sie seit 2021 den Weg der DGQ mit. Welche Schwerpunkte setzen Sie in dieser Funktion?
Dr. Hüttner: Natürlich liegen mir hier die Themenfelder der Gesundheitsdienstleistungen und hier natürlich die Pflege sehr am Herzen.
Wenn Sie heute zurückblicken, inwieweit konnten die unterschiedlichen Angebote der DGQ Sie bei Ihrer Karriere unterstützen? Welche Erfahrungen haben Sie weitergebracht?
Dr. Hüttner: Ich habe massiv von dem Prozess- und Normenverständnis, welches ich mir über die Kurse und das Netzwerk der DGQ aneignen durfte, profitiert. Viele meiner DGQ-Kontakte haben auch einen großen Einfluss auf meine beruflichen Prinzipien, mein Handeln und mein Verständnis der Rolle als medizinischer Geschäftsführer. Ich lerne in dem Netzwerk bei jedem Austausch und gerade die Zusammenarbeit in unserem Vorstandsteam bereichert mich sehr.
Seit 2017 sind Sie Vorsitzender der Geschäftsführung der ALB FILS KLINIKEN gGmbH. Welche Erfahrungen aus dem DGQ-Kontext beeinflussen Ihre derzeitige Arbeit?
Dr. Hüttner: Das ALB FILS KLINIKUM ist ein Schwerpunktversorger in kommunaler Trägerschaft. Die Verbindung von Verantwortung für Gesundheitsversorgung in einem Landkreis für einen pflichtbewussten, sorgfältigen Umgang mit Finanzmitteln (insbesondere Steuermitteln und Versichertenbeiträge von Krankenversicherungen), für die Gestaltung eines modernen und maximal zukunftsorientierten Gesundheitsunternehmens sowie für die attraktive Gestaltung von Arbeits- und Ausbildungsumfeld für rund 2.500 Menschen fordert sehr. Hier sind die Werkzeuge und Prinzipien, welche ich unter anderem im DGQ-Netzwerk erlernt habe, immens wichtig für mich.
Welchen Rat würden Sie Neu- oder Quereinsteigern in den QM-Bereich geben? Wo kann ihnen die DGQ helfen, ihre Karriere voranzutreiben?
Dr. Hüttner: QM-Arbeit ist tagtägliche Verbesserungsarbeit. Mittelfristig erfolgreich können QM’ler nur sein, wenn sie Menschen begeistern, bewegen, vernetzen, in ihrem Tun positiv beeinflussen; eine erfolgreiche Karriere im oder durch QM ist gekoppelt an positive Kommunikation, an eine tiefe Vernetzung in das Unternehmen. Ein erfolgreicher QM‘ler ist sich seiner Rolle als „KVP-Treiber-ohne-zu-bevormunden“ bewusst und arbeitet selbst täglich an seiner Wirksamkeit. Ein erfolgreicher QM‘ler lernt, sich an kleinen Fortschritten zu freuen und findet seine Zufriedenheit im Erreichen von Meilensteinen – das gilt auch für seine persönlichen Ziele.
Die DGQ als ein nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierte Personenzertifizierungsstelle

Der Begriff „Zertifikat“ ist nicht geschützt – jeder kann für alle erdenklichen Sachverhalte ein Zertifikat ausstellen. Daher ist es wichtig sowohl die Organisation, die Zertifikate ausstellt, als auch die Grundlage, auf der ein Zertifikat ausgestellt ist, zu kennen.
Im Bereich der Weiterbildung und Personenzertifizierung lassen sich insbesondere folgende Zertifikate mit Bezug auf eine Person unterscheiden:
- Teilnahmebescheinigungen an Bildungsveranstaltungen – häufig auch Zertifikat genannt
- Bescheinigung der Kompetenz von Personen auf Basis festgelegter Soll-Kompetenzen mit Nachweis der Befähigung gegenüber einer unabhängigen kompetenten Stelle – Kompetenzzertifikat genannt
Der Bildungsmarkt ist geprägt von einer hohen Anzahl an Anbietern, die eine Vielzahl an Zertifikaten oder anderen Nachweisen – oft im Anschluss an entsprechende Weiterbildungsmaßnahmen – ausstellen. Es lohnt sich also zu schauen, auf welcher Basis die Zertifikatsaussteller arbeitet und ob die Personenzertifizierungsstelle eine entsprechende Akkreditierung besitzt beziehungsweise nach deren Regeln arbeitet.
Nutzen der Zertifizierung für Arbeitnehmer und Arbeitgeber
In Deutschland wird großer Wert auf Zertifikate gelegt. Ein unmittelbarer Nutzen ergibt sich daher für die zertifizierte Person, die ihren Lebenslauf durch entsprechende Kompetenznachweise aufwertet.
Für den Arbeitgeber entsteht so Transparenz. Kompetenzen sind klar erkennbar und Lebensläufe werden besser vergleichbar. Je nach Zertifikat können Kenntnisse und Fertigkeiten vorausgesetzt werden, die nicht mehr „on-the-job“ trainiert werden müssen. Ein Mitarbeiter ist so für die entsprechende Position schneller einsetzbar.
Anspruch und Vorgehen von akkreditierten Personenzertifizierungsstellen nach ISO 17024
Die Grundlage für die Bewertung und die Entscheidung, ob jemand ein Zertifikat erhält, bildet das Zertifizierungsprogramm. Dieses enthält alle erforderlichen Bedingungen und Spielregeln. Es beginnt mit der Festlegung des „Job-Profils“ – den Aufgaben und Tätigkeiten, die in der Ausübung der jeweiligen Funktion zu erledigen sind. Daraus werden Lernziele und Lernzielstufen abgeleitet, welche die erforderlichen Kompetenzen (Fähigkeiten und Fertigkeiten) beschreiben. Diese Lernziele sind eine wesentliche Grundlage für die entsprechenden Weiterbildungsangebote. Schließlich wird festgelegt, wie die Kompetenzen nachgewiesen werden müssen – zum Beispiel durch spezifische Prüfungen, Fähigkeits-, oder Ausbildungsnachweise, Nachweise praktischer Erfahrung im Aufgabengebiet oder erfolgreich durchgeführte Projekte.
Auf der Basis dieser Festlegungen werden die Zertifizierungsverfahren durchgeführt. Dies umfasst die Beantragung der Zertifizierung, die Einreichung und Überprüfung der Nachweise und die Durchführung und Bewertung der Prüfung bis hin zur Ausstellung des Zertifikates, sobald alle Bedingungen erfüllt sind.
Für den Kunden beziehungsweise Interessenten an einer Zertifizierung sind die maßgeblichen Bedingungen in einer „Zertifizierungs- und Prüfungsordnung“ festgelegt und nachvollziehbar.
Alle Interessenten an einer Zertifizierung werden gleich und gerecht behandelt und alle zertifizierungsrelevanten Tätigkeiten werden unparteilich, neutral und objektiv mit kompetentem Personal durchgeführt. Dies erfordert einen erheblichen Aufwand für das Betreiben eines Managementsystems, die Sicherstellung der festgelegten Kompetenzen der Prüfer und die Personalausstattung.
Alle genannten Bedingungen basieren auf der Internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 17024, welche die Anforderungen an die Kompetenz von Personenzertifizierungsstellen festlegt.
DIN EN ISO/IEC 17024 als Basisregelwerk zur Kompetenzzertifizierung durch Personenzertifizierungsstellen
Im Zuge der fortschreitenden globalen Harmonisierung nimmt die Zertifizierung der Kompetenz von Personen auf bestimmten Fachgebieten an Bedeutung zu. In Deutschland ist die Kompetenzzertifizierung von Personen ein Tätigkeitsfeld, das insbesondere in Bereichen angewandt wird, in denen es keine gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich der Berufsausbildung gibt. Außerdem ist sie für Tätigkeiten relevant, für welche die Aktualität der Kompetenz nachgewiesen werden soll oder aufgrund von internationalen Anforderungen eine vergleichbare Kompetenz und Einsetzbarkeit der Personen gefordert ist.
Eine harmonisierte Zertifizierung und Überwachung solcher Personen wird durch akkreditierte Personenzertifizierungsstellen sichergestellt, die den Anforderungen der DIN EN ISO/IEC 17024 genügen müssen.
Ziel und Zweck
Die DIN EN ISO/IEC 17024 wurde für Organisationen, die Personen zertifizieren, erarbeitet, um eine international anerkannte Vergleichbarkeit von Personenzertifizierungsstellen und Personenzertifizierungsprogrammen zu erreichen und zu fördern. Sie beschreibt die Anforderungen an Zertifizierungsstellen, die erforderlich sind, um Vertrauen in die Aussagekraft der Zertifizierung zu schaffen. Die Anforderungen stellen sicher, dass die Zertifizierung von Personal einheitlich, neutral, unabhängig sowie fair und unter den Grundsätzen einer Gleichbehandlung abläuft. Dies umfasst unter anderem Anforderungen an die Organisationsstruktur, Ressourcen, Personal, Aufzeichnungen, die Entwicklung von Zertifizierungsprogrammen, den Zertifizierungsprozess und das Managementsystem der Stelle.
Sie dient als Basis für die Akkreditierung der Personenzertifizierungsstelle durch die nationale Akkreditierungsstelle für Konformitätsbewertungsstellen – in Deutschland die Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS).
Das Zertifizierungsprogramm
Während die DIN EN ISO/IEC 17024 die organisatorische und strukturelle Grundlage für die Umsetzung der Personenzertifizierung schafft, bilden Zertifizierungsprogramme die inhaltliche Grundlage für die Zertifizierung von Personen. Diese individuellen oder harmonisierten Zertifizierungsprogramme beschreiben welches Wissen, Fertigkeiten und Kompetenz die zu zertifizierende Person im Rahmen der Zertifizierung und durch Prüfungen nachweisen muss. Weiterhin werden Anforderungen an den Zertifizierungsprozess festgelegt – zum Beispiel die Dauer der Zertifikatsgültigkeit oder die Rezertifizierungsbedingungen.
Das Personal der Zertifizierungsstelle
Alle an der Zertifizierung beteiligten Personengruppen sind zur vertraulichen Behandlung aller Informationen aus den Zertifizierungstätigkeiten verpflichtet. Personen, die an der Zertifizierungstätigkeit beteiligt sind, müssen über die dem Zertifizierungsprogramm entsprechende Ausbildung, Erfahrung und technische Expertise verfügen, um die jeweiligen Aufgaben zu erfüllen. Dies betrifft sowohl das Personal der Zertifizierungsstelle als auch die eingesetzten Prüfer. Diese unterliegen der Überwachung durch die Zertifizierungsstelle und müssen ihre andauernde Kompetenz als Prüfer regelmäßig nachweisen.
Der Prozess der Zertifizierung
Personen, die einen Antrag gestellt haben, werden auf ihre Kenntnisse, ihr Wissen und ihre Kompetenz hin – entsprechend dem Zertifizierungsprogramm – geprüft und zertifiziert.
Damit ein Antragsteller sich vor der Antragstellung ein möglichst umfassendes Bild von den Bedingungen und Erfordernissen der ihn interessierenden Zertifizierung machen kann, sind die Bedingungen und Voraussetzungen öffentlich zugänglich. Wenn alle Voraussetzungen entsprechend des Zertifizierungsprogramms erfüllt sind, wird der Kandidat im Hinblick auf die geforderten Kenntnisse und Kompetenz geprüft. Diese Prüfung ist je nach Erfordernis schriftlich, mündlich, praktisch oder in anderer angemessener Art durchzuführen.
Auf der Grundlage aller während des Zertifizierungsprozesses gesammelten Informationen wird die Entscheidung über die Zertifizierung getroffen. Die getroffene Entscheidung zur Zertifizierung muss begründet und nachvollziehbar sein.
Zertifikate, die auf der Basis der DIN EN ISO/IEC 17024 ausgestellt werden, sind nur für einen begrenzten Zeitraum ausgestellt und können verlängert werden, wenn die Aufrechterhaltung der Kompetenz nachgewiesen wird. Zertifizierte Kompetenz ist zu überwachen, damit jederzeit nachvollziehbar ist, dass die Kompetenz erfolgreich aufrechterhalten wird. In diesem Fall kann eine Rezertifizierung erfolgen.
Qualitätsinfrastruktur in Deutschland: Das Fundament für „Quality made in Germany”

Der Grundstein für die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen ist eine verlässliche Qualitätsinfrastruktur (QI). Sie sorgt für Sicherheit, Qualität und Vertrauen und trägt wesentlich zum Funktionieren des Handels mit Waren und Leistungen und zum Schutz von Gesundheit und Umwelt bei. Dieser Fachbeitrag gibt einen Überblick über wesentliche Elemente der Qualitätsinfrastruktur in Deutschland, ihre tragenden Institutionen und deren Funktionen.
Die Qualitätsinfrastruktur sorgt für Sicherheit und Qualität deutscher Erzeugnisse und damit für Vertrauen in das Gütesiegel „Made in Germany“. Sie stärkt damit den Wirtschaftsstandort Deutschland im internationalen Handel. Das etablierte, in den Europäischen Binnenmarkt und Rechtsrahmen eingebettete System der nationalen Qualitätsinfrastruktur sorgt für die Einbindung in das internationale Wertschöpfungssystem.
Die Qualitätsinfrastruktur ermöglicht international erfolgreiche Innovationen und neue Technologien aus Deutschland – von der Grundlagenforschung bis hin zur Etablierung am Markt. Sie sichert den Wissens- und Technologietransfer aus der Forschung in den Markt, ist Voraussetzung für eine erfolgreiche digitale Transformation, sie leistet einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der großen sozio-ökonomischen, ökologischen und technologischen Herausforderungen unserer Zeit, wie das Erreichen klimaschutzpolitischer Ziele. Sie ist die unsichtbare Grundlage für Gesundheitsschutz der Bevölkerung, Verbraucher- und Umweltschutz.
Diese verlässliche und moderne Qualitätsinfrastruktur fördert – und ist Voraussetzung für – die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und damit für den Wohlstand in unserem Land. Die Verfügbarkeit etablierter und anerkannter Normen und Standards und Konformitätsbewertungsverfahren sowie deren Entwicklung auf internationaler Ebene unter starker deutscher Beteiligung sind dabei für die deutsche Industrie ebenso wichtig wie eine wirksame Marktüberwachung, Akkreditierung und Verfügbarkeit von metrologischen Leistungen.
Für den nachhaltigen Erfolg von „Made in Germany“ müssen die bestehenden Strukturen, Prozesse und Institutionen der Qualitätsinfrastruktur gestärkt und ins digitale Zeitalter geführt werden.
Organisation der QI und tragende Institutionen
Die Qualitätsinfrastruktur ist ein System aus regulativen Rahmenbedingungen und verschiedenen Institutionen und Prozessen. Sie bezieht sich auf alle Einrichtungen und Maßnahmen, die zur Festlegung und Einhaltung von Qualitätsstandards beitragen. Sie basiert auf fünf Pfeilern von
- Qualität und Qualitätssicherung
- Normung und Standardisierung
- Konformitätsbewertung
- Messwesen (Metrologie)
- Marktüberwachung.
Deutschland verfügt über ein umfassendes System zur Organisation und Verwaltung der Qualitätsinfrastruktur, das sich auf verschiedene Institutionen verteilt:
Deutsche Gesellschaft für Qualität
Die Deutsche Gesellschaft für Qualität hat das Ziel, das Know-how und die Methoden im Bereich Qualität und Qualitätsmanagement weiterzuentwickeln, über neueste Erkenntnisse zu informieren und ihre praktische Umsetzung zu fördern.
Wesentliche Aufgabe umfassen dabei:
- Forschung und Innovation: Weiterentwicklung der fachlichen Grundlagen von Qualität, Qualitätsmanagement, Managementsystemen und Methoden
- Vernetzung: Wissenstransfer durch Vernetzung von Experten und Verknüpfung von Know-how
- Aus- und Weiterbildung: Kompetenzaufbau von Qualitätsfachpersonal über Bildungsangebote
- Zertifizierung: Personenzertifizierung von Fachpersonal
Einer ihrer Aufgabenschwerpunkte als Fachgesellschaft ist die aktive Teilnahme an der nationalen und internationalen Normungsarbeit. Auf diese Weise beeinflusst die DGQ die fachlich-inhaltliche Normenentwicklung sowie die strategischen Entscheidungen und Themenstellungen bei der nationalen und internationalen Normung.
Deutsches Institut für Normung e.V. (DIN)
Das DIN ist die zentrale Normungsorganisation in Deutschland. Es entwickelt Normen in nahezu allen Bereichen der Technik, Wirtschaft und Wissenschaft, insbesondere auch alle Normen rund um Qualität, Managementsysteme, Konformitätsbewertung. Hauptaufgaben des DIN sind unter anderem:
- Erarbeitung von Normen: Entwicklung von nationalen Normen und Mitwirkung an europäischen und internationalen Normen.
- Koordination: Abstimmung zwischen verschiedenen Interessengruppen, wie Industrie, Wissenschaft, Verbraucher und Behörden.
- Verbreitung: Veröffentlichung und Bereitstellung von Normen.
Konformitätsbewertungsstellen
Konformitätsbewertungsstellen sind neutrale, unabhängige und kompetente Stellen, die die Konformitätsbewertung von Produkten, Dienstleistungen, Prozessen, Personen oder Systemen durchführen. Diese Bewertung stellt sicher, dass die geprüften Objekte den entsprechenden Vorgaben wie zum Beispiel EU-Richtlinien, Gesetzen, harmonisierten Normen und/oder Branchenstandards entsprechen.
Es gibt verschiedene Arten von Konformitätsbewertungsstellen, die sich auf unterschiedliche Bereiche spezialisieren:
- Prüfstellen
- Zertifizierungsstellen
- Inspektionsstellen
- Kalibrierstellen
- Validierungs- und Verifizierungsstellen
Aufgaben von Konformitätsbewertungsstellen:
Die Hauptaufgaben von Konformitätsbewertungsstellen umfassen:
- Prüfung: Durchführung von Tests und Prüfungen an Produkten oder Dienstleistungen (Prüfstellen).
- Zertifizierung: Ausstellung von Zertifikaten, die die Konformität bestätigen (Zertifizierungsstellen).
- Inspektion: Überprüfung von Prozessen, Installationen oder Systemen vor Ort (Inspektionsstellen).
- Kalibrierung: Sicherstellung der Genauigkeit von Messgeräten durch Kalibrierung (Kalibrierstellen).
- Validierung und Verifizierung: Prüfung und Bewertung, ob bestimmte Angaben oder Behauptungen wahrheitsgemäß (Verifizierung) oder im Hinblick auf die beabsichtigte zukünftige Verwendung plausibel (Validierung) sind (Validierungs- und Verifizierungsstellen).
Diese Stellen spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Qualität und Sicherheit von Produkten und Dienstleistungen auf dem Markt. Ihre Kompetenz zur Durchführung dieser Aufgaben weisen sie üblicherweise durch eine Akkreditierung einer anerkannten Akkreditierungsstelle nach (in Deutschland die DAkkS).
Deutsche Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS)
Die DAkkS ist die nationale Akkreditierungsstelle der Bundesrepublik Deutschland. Sie ist ein zentraler Baustein der QI und erteilt Akkreditierungen im Bereich der Konformitätsbewertung. Die DAkkS handelt im gesetzlichen Auftrag und im Interesse des Staates, der Wirtschaft sowie zum Schutz von Gesellschaft und Umwelt.
Wichtige Funktionen der DAkkS sind:
- Akkreditierung: Durchführung von Akkreditierungsverfahren und Überwachung der akkreditierten Stellen.
- Gewährleistung der Qualität: Sicherstellung, dass akkreditierte Stellen objektiv, unabhängig und kompetent arbeiten.
- Unterstützung der Marktüberwachung: Bereitstellung von Informationen und Unterstützung für die Marktüberwachungsbehörden.
Akkreditierung ist die „Bestätigung durch eine nationale Akkreditierungsstelle, dass eine Konformitätsbewertungsstelle die in harmonisierten Normen festgelegten Anforderungen und gegebenenfalls zusätzliche Anforderungen (…) erfüllt, um eine spezielle Konformitätsbewertungstätigkeit durchzuführen.“ (Definition von Akkreditierung laut Verordnung (EG) Nr. 765/2008)
Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB)
Die PTB ist die nationale Metrologie-Institution in Deutschland. Ihre Aufgaben umfassen insbesondere:
- Eichung und Kalibrierung: Bereitstellung von Messstandards und Kalibrierdiensten.
- Forschung und Entwicklung: Durchführung von Forschungsprojekten zur Weiterentwicklung der Messtechnik.
- Beratung: Unterstützung von Unternehmen und Behörden in Fragen der Metrologie.
Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM)
Die BAM unterstützt die Sicherheit in Technik und Chemie durch Forschung und Prüfung. Ihre Funktionen umfassen:
- Materialprüfung: Untersuchung von Materialien und Produkten auf ihre Sicherheit und Zuverlässigkeit.
- Forschung: Entwicklung neuer Prüfmethoden und -technologien.
- Zertifizierung: Durchführung von Prüfungen und Vergabe von Zertifikaten.
Die BAM versteht sich als Partnerin und Dienstleisterin für Wirtschaft, Politik und Wissenschaft. Sie forscht, prüft und berät zum Schutz von Mensch, Umwelt und Sachgütern. Im Rahmen ihrer gesetzlichen und gesellschaftspolitischen Aufgaben identifiziert sie Anforderungen an die Sicherheit in Technik. Sie erbringt wissenschaftsbasierte Dienstleistungen für sicherheitstechnische Fragestellungen, zum Beispiel in Form von Gutachten und Expertisen oder zertifizierten Referenzmaterialien und Ringversuchen. Des Weiteren zählen dazu Leistungen wie die Prüfung, Analyse und Zulassung von Stoffen, technischen Produkten und Anlagen.
Zertifikate, Gutachten, Anerkennungen sowie Prüf- und Forschungsberichte der BAM dokumentieren, dass Produkte oder Anlagen die hohen Standards der deutschen Qualitätskultur erfüllen.
Die BAM ist weiterhin als Ressortforschungseinrichtung ein verlässlicher Partner für Forschungsprojekte mit Bezug zu Sicherheit in Technik und Chemie.
Quelle https://www.bam.de/Navigation/DE/Leistungen/leistungen.html
Marktüberwachungsbehörden
In Deutschland erfolgt die Marktüberwachung durch verschiedene Bundes- und Landesbehörden, die die Einhaltung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards sicherstellen. In Deutschland sind verschiedene Behörden und Stellen für die Marktüberwachung zuständig, je nach Produktbereich und Zuständigkeit. Hier sind einige der wichtigsten:
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA): Zuständig für die Produktsicherheit und unterstützt die Marktüberwachungsbehörden der Länder.
- Bundesnetzagentur (BNetzA): Überwacht Telekommunikations- und Postdienste sowie Energie- und Eisenbahnmärkte.
- Kraftfahrt-Bundesamt (KBA): Verantwortlich für die Überwachung von Fahrzeugen und deren Komponenten.
- Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL): Zuständig für die Sicherheit von Lebensmitteln und Verbrauchsgütern.
- Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM): Überwacht Materialien und Produkte hinsichtlich ihrer Sicherheit und Qualität.
- Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt): Überwacht Bauprodukte und deren Konformität mit europäischen Normen.
- Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH): Zuständig für die Sicherheit von Seeschiffen und maritimen Produkten.
Aktuelle Entwicklungen: Initiative QI Digital
QI-Digital ist eine Initiative der zentralen Akteure der deutschen Qualitätsinfrastruktur – DIN, DKE, DAkkS, PTB sowie BAM – mit dem Ziel, die QI in der digitalen Transformation aktiv weiterzuentwickeln. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) unterstützt QI-Digital als wesentlichen Beitrag für den Erfolg von innovativen Technologien, Produkten und Prozessen – zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Fazit
Die Qualitätsinfrastruktur in Deutschland ist ein komplexes, aber gut organisiertes System, das auf der Zusammenarbeit verschiedener Institutionen basiert. Diese Institutionen spielen eine entscheidende Rolle bei der Sicherstellung der Qualität von Produkten und Dienstleistungen. Durch Normung, Akkreditierung, Metrologie und Marktüberwachung wird ein hoher Qualitätsstandard gewährleistet, der nicht nur den Verbrauchern zugutekommt, sondern auch die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft stärkt.
Aktuelle Herausforderungen und Weiterentwicklungen werden über die Initiative QI Digital adressiert und neue Lösungen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft erarbeitet.
Weitere Informationen zur QI in Deutschland: https://netzwerke.bam.de/_SharedDocs/DE/Downloads/qi-digital-definition-qi.pdf?__blob=publicationFile
Über den Autor:
Dipl. Ing. Thomas Votsmeier ist Leiter “Normung/Internationale Kooperationen” und seit 1998 bei der DGQ tätig. Er engagiert sich in verschiedenen Fachgremien bei der European Organisation for Quality (EOQ), der International Personnel Certification Association (IPC), dem Deutschen Institut für Normung und International Standard Organisation (ISO). Unter anderem ist er Obmann des DIN NA 147 – 00 – 01 AA Qualitätsmanagement und Mitglied bei ISO TC 176.
Normung in der Pflege: über den Output hinaus

In der Industrie sind Normen der Garant dafür, dass sich die Produktionsprozesse effizient wiederholen lassen und Produkte so effektiv funktionieren wie geplant. Damit wird sichergestellt, dass die Qualität unverändert bleibt und den Erwartungen der Kund:innen entspricht.
Überträgt man dies auf den Begriff „Pflege“, dann sollten Pflegeprozesse so „genormt“ sein, dass sie Vorgaben und Empfehlungen für eine möglichst effektive und effiziente Durchführung enthalten. Das trifft tatsächlich auf Pflege-Expertenstandards (Pflegestandards) zu, die vieles mit Normen gemeinsam haben. Sie bündeln das beste verfügbare Wissen, um ein gewünschtes Pflegeergebnis unter Abwägung der einzusetzenden Ressourcen zu erreichen.
In der ISO 9000 wird bekanntlich kein Unterschied zwischen Herstellung und Dienstleistung gemacht. Qualität wird nach dem Grad gemessen, in dem definierte Anforderungen erfüllt werden. Das gilt für die Produkte eines Herstellungsprozesses genauso wie für die Ergebnisse einer Pflegeleistung.
Sind Normung in der Produktion und in der Pflege folglich dasselbe?
Ausgehend vom Ergebnis könnte man die Frage bejahen: Käufer:innen und Pflege-Kund:innen haben Erwartungen an das Resultat, die erfüllt werden müssen. Ob Herstellungsprozesse oder Pflegeinterventionen: Sie dienen dazu, das gewünschte Ergebnis effizient und effektiv zu erreichen. Allerdings sind die Rahmenbedingungen für die Normung der Prozesse unterschiedlich, denn Produkte werden für Kund:innen hergestellt, während Pflegeergebnisse gemeinsam mit der Klient:in erreicht werden. Das ist ein scheinbar feiner, aber entscheidender Unterschied.
Individuelles Empfinden als Qualitätsfaktor
Wenn die Klient:in ein Teil des Prozesses ist, dann spielen schon vor der Zielerreichung menschliche Kriterien eine Rolle. Das sind Ethik, Moral und Werteverständnis. Zum Beispiel können situationsabhängig bestimmte Pflegeinterventionen Schmerzen verursachen, sodass eine individuell angepasste Strategie gewählt werden muss, um das gewünschte Ziel zu erreichen. Die ist dann möglicherweise nicht die effizienteste, obwohl in Bezug auf den Fall die effektivste Intervention.
Was bedeutet das für die Normung in der Pflege?
Prozesse sind durch drei Schritte gekennzeichnet: Input – Aktivität – Output. Der letzte Schritt ist der quantitativen Kategorie zuzuordnnen. Übertragen auf die Pflege wäre das zum Beispiel die Anzahl der durchgeführten Schmerzberatungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes.
Bei der Erreichung dieses Zieles spielen zusätzlich die individuellen Befindlichkeiten der behandelten Personen eine entscheidende Rolle. Für die Standardisierung der Prozesse hat das Bedeutung, weil das Pflegeergebnis vom Erleben der Kund:in beeinflusst wird. Das Outcome eines Pflegeprozesses, das dem Output nachgelagert ist, gewinnt dadurch wesentliche Bedeutung. Normung und Standardisierung in der Pflege müssen daher stets neben dem Ergebnis auch das Erlebnis berücksichtigen.
Gesellschaftsnormen wichtiger Faktor in der Pflege
Eine Pflegeintervention zielt darauf ab, das beste mögliche Ergebnis bei der behandelten Person zu erreichen. Die dafür erforderlichen Handlungen und Maßnahmen lassen sich unter Einbeziehung der individuellen Voraussetzungen der Kund:in aus Standards ableiten. Normung geschieht aber in der Pflege in einem Kontext, der von Ethik, Moral und gesellschaftlichen Normen beeinflusst ist. Das Schmerzempfinden ist zum Beispiel nicht nur individuell unterschiedlich, sondern variiert auch signifikant zwischen verschiedenen Kulturkreisen. Ein Standard für die Schmerztherapie, der hier gilt, kann anderswo andere Interventionen erfordern. Die Normung in der Pflege und Gesellschaftsnormen haben also unmittelbar etwas miteinander zu tun, viel mehr als in Produktionsprozessen.
Zusammenspiel von Pflege- und Herstellungsprozessen
Besonders spannend wird es an der Schnittstelle von Dienstleistung und Produkt. Die Vielzahl der Einflussgrößen, die in Pflegeprozessen ehedem eine Rolle spielen – wie oben dargestellt unter anderem Individualität, Gesellschaftsnormen, Ethik – wird erweitert durch das Zusammenwirken mit Technik und Digitalisierung. Das ist eine besondere Herausforderung für die Normung, weil zu beobachten ist, dass die dafür erforderlichen Expert:innen meist Kompetenzen aus einer abgegrenzten Schnittmenge, zum Beispiel dem Schmerzmanagement, mitbringen. Das technisch-funktionale Know-how zu einem Hilfsmittelprodukt zur Schmerzreduktion liegt gewöhnlich bei einer anderen Person. Für den Anwendungsprozess sind beide Seiten entscheidend, die Qualität der Leistung hängt auch vom Verständnis der jeweiligen Normungsperspektive ab.
Pflege: Normen freiwillig, Standards verbindlich
Hier wird auch der Unterschied zwischen Standards und Normen in der Pflege deutlich. Der prominenteste ist banal, dass die Normung nämlich von anerkannten Normungsgremien durchgeführt wird. Dazu gehören neben DIN/ISO auch DKE/IEC und andere. Die Anwendung dieser Normen ist freiwillig, außer wenn sie durch eine Rechtsverordnung vorgeschrieben sind.
An der Schnittstelle der Pflege zur Technik, vor allem bei Prozessen im Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Technologien, werden Normen und Anwendungsregeln entwickelt. Sie unterstützen Herstellende bei der Erschaffung von praxistauglichen Produkten. Sie geben Dienstleistern Hinweise, welche Qualifikationen die Anwender benötigen, um den fachlichen Output zu erhöhen und das Outcome bei Pflegeklient:innen zu verbessern.
Pflegestandards hingegen werden in Deutschland unter Federführung des Deutschen Netzwerks für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP) entwickelt. Dies geschieht in einem weitestgehend nicht öffentlichen Verfahren. Dennoch haben diese Standards aber berufsethisch, organisations- und auch haftungsrechtlich verbindlichen Charakter. Sie beschreiben die wissenschaftlich konsentierten Rahmenbedingungen für evidenzbasiertes Handeln im Zusammenhang mit Pflegephänomenen: Wundversorgung, Sturzvorbeugung, Hautschutz, et cetera.
Fazit
Normung dient wie auch die Standardisierung der Sicherung und Verbesserung der Qualität der Pflege. Im Englischen werden die Begriffe sogar synonym benutzt und die jeweilige Bedeutung des Wortes „standard“ ist nur aus dem Kontext zu erschließen.
Normen und Standards werden ergänzt durch Verordnungen, Richt- und Leitlinien sowie Rechtsvorschriften und Gesetze und stehen im Zusammenhang mit gesellschaftlichen Normen, mit denen in der Pflege eine starke Wechselwirkung besteht.
Bei dem Thema Normung denkt man vielleicht nicht zuerst an die Pflege. Aber es ist klar, dass sie wichtig ist und ebenso wie die Standardisierung von Pflegeprozessen gute Pflege ermöglicht.
Aktuelle Krankenhausreform – der Spagat zwischen Qualität und Ökonomie

In Deutschland gab es im Jahr 2022 rund 1.800 Krankenhäuser mit insgesamt 480.000 aufgestellten Betten. Dieser Wert ist im internationalen Vergleich sehr hoch. Damit verbunden ist auch eine relativ höhere Zahl an stationär behandelten Patienten. Das Nachbarland Dänemark hatte verglichen damit ursprünglich circa 40 Kliniken. Durch eine Reform im Jahr 2007 wurde eine Reduzierung auf nunmehr 18 Häuser beschlossen. Neben der Diskussion über die Anzahl und die Auslastung wirkten in Deutschland im Jahr 2022 die hohen Energiekostensteigerungen und die Tarifsteigerungen beim Personal negativ auf die Wirtschaftlichkeit.
Aufgrund der zunehmend angespannten Situation, weil Kosten nicht vollständig refinanziert wurden, gab es rund 40 Klinikinsolvenzen im Jahr 2023. Diese aufgezeigten Themen führten dazu, dass eine umfassende Krankenhausreform im Jahr 2023 seitens der Politik eingebracht wurde.
Grundlagen der Krankenhausreform 2023
Die vorgeschlagene Reform verfolgt drei zentrale Ziele. Sie soll die Versorgungssicherheit mit medizinischen stationären Leistungen sicherstellen (Daseinsvorsorge), die Bürokratie reduzieren und die Verbesserung der Behandlungsqualität sicherstellen. Das soll über die folgenden Kernpunkte erreicht werden:
- Die Finanzierung des aktuellen DRG-Systems soll um eine Vorhaltefinanzierung ergänzt werden.
- Es soll eine einheitliche Definition der Krankenhausversorgungsstufen (Level) eingeführt werden. Damit verbunden sind Mindestanforderungen in den Bereichen Leistungsumfang, Notfall- und Intensivmedizin sowie medizinisches und pflegerisches Personal.
- Es soll ein Leistungsgruppensystem eingeführt werden. Derzeit gibt es 17 Leistungsbereiche (wie beispielsweise Innere Medizin, etc.) und insgesamt 128 Leistungsgruppen.
Jeder Leistungsgruppe sind dann die verschiedenen Level zugeordnet. Zur besseren Verständlichkeit dient exemplarisch die nachfolgende Tabelle.
Leistungsbereich | Leistungsgruppe, Beispiele | Level |
Innere Medizin | Basisbehandlung Innere Medizin | 1 |
Innere Medizin | Gastroenterologie | 2 |
Innere Medizin | Stammzellentransplantation | 3 |
Ein weiterer Punkt ist die Anpassung des Qualitätsberichtes hin zu einem Transparenzbericht. Die einzelnen Punkte werden im Folgenden vorgestellt:
Finanzierung
Durch die Krankenhausreform sollen die medizinische Versorgung in den Vordergrund gestellt werden und wirtschaftliche Aspekte in den Hintergrund rücken. Als Ursache für Ungleichheiten im Gesundheitssystem wird das sogenannte Fallpauschalenprinzip (DRG-System) angesehen. Diese Finanzierungsmöglichkeit soll in Zukunft an Bedeutung verlieren und durch eine Vorhaltekostenerstattung ersetzt werden. Die Krankenhäuser erhalten mit den Vorhaltegebühren eine zusätzliche Finanzierung unabhängig der erbrachten Leistungen.
Level: Im Rahmen der Reform sollen Kliniken entsprechend ihrem Behandlungsangebot in verschiedene Level wie folgt eingeteilt werden:
- Level 1: Grundversorgung mit den Kliniken I(n) und I(i). Die Stufe I(n) umfasst mindestens eine Leistungsgruppe Allgemeine Innere Medizin, Allgemeine Chirurgie, Intensivmedizin und Notfallmedizin.
Die Stufe I(i) beinhaltet hingegen allgemeine interdisziplinäre Pflege- und Versorgungsangebote und normalerweise keine Notfallversorgung. - Level II: Umfasst die Regel/Schwerpunktversorgung mit mindestens zwei Leistungsgruppen der Inneren Medizin und zwei der Chirurgie, eine Leistungsgruppe Intensivmedizin und Notfallmedizin sowie drei weitere Leistungsgruppen.
- Das Level III umfasst die Kliniken der Maximalversorgung und die Universitätsklinika.
Transparenzbericht
Das Krankenhaustransparenzgesetzes soll der Öffentlichkeit einen verständlichen Überblick über die Qualität der Krankenhausversorgung verschaffen, um den Patienten qualitätsorientierte Wahlentscheidungen zu erleichtern. Hierzu soll das bisherige System von Qualität und Transparenz der Krankenhäuser angepasst werden. Zu diesem Zweck sollen Daten über die Bereitstellung von Leistungen der Behandlungsqualität bzw. sonstige Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden. Hierzu soll das Leistungsangebot an jedem Klinikstandort entsprechend der im Krankenhausreform-Eckpunktepapier vereinbarten Leistungsgruppen differenziert dargestellt werden. Basierend auf der Leistungsgruppenzuordnung wird jeder Krankenhausstandort einer bundeseinheitlichen Versorgungsstufe (Level) zugeordnet.
Aus Sicht des Gesetzgebers soll dadurch die Qualität der Krankenhausversorgung verbessert werden, indem den Patienten die Möglichkeit gegeben wird, den Krankenhausstandort zu wählen, der ihren Bedürfnissen am besten entspricht. Der Transparenzbericht wird zukünftig folgende Informationen enthalten: die Anzahl der vorhandenen Fachärzte und Pflegekräfte in einer Klinik, die Komplikationsraten und Erfahrungen mit bestimmten Eingriffen.
Die Reform versucht die aufgezeigten Problemlagen der Auslastung und eines scheinbaren Überangebotes an Krankenhausleistungen, der Finanzierung und gleichzeitig eine Qualitätssteigerung in einem Vorhaben zu vereinen. Wie eine Qualitätssteigerung aus ökonomischer Sicht begründet werden kann, soll nachfolgend dargestellt werden.
Qualität und Ökonomie
Durch die strukturierte Qualitätsberichterstattung sind Krankenhäuser laut dem fünften Sozialgesetzbuch (SGB V) seit langem Vorreiter in der Qualitätsberichterstattung. Die Einrichtungen veröffentlichen in diesem Bericht unter anderem Daten zur Anzahl der Fachabteilungen, zu ihren Strukturen, sowie zu dem medizinischen und pflegerischen Personal. Weiterhin werden flächendeckend die Leistungen in Form von Art und Anzahl der medizinischen Behandlungen/Interventionen sowie Qualität der Prozesse und Ergebnisse dargestellt.
Diese Daten sollen ab dem 1. April 2024 in einer anderen und ergänzten Form auf Wunsch des Bundesministeriums für Gesundheit in einem Transparenzverzeichnis im Internet veröffentlicht werden. Inhalte sollen unter anderem die Fallzahlen der erbrachten Leistungen nach Leistungsgruppen, die Personalbesetzung bezogen auf den Leistungsumfang und Qualitätssicherungsdaten wie beispielsweise Komplikationen beziehungsweise Todesfälle sein. Diese Erhebung der Daten führt bei den Kliniken zu weiterem bürokratischem Aufwand, obwohl dieser laut Wunschvorstellung der Politik reduziert werden soll.
Die Einführung einer fallmengenunabhängigen Vorhaltefinanzierung soll die Mengenanreize im DRG-System verringern und Kliniken ermuntern, Leistungen der Daseinsvorsorge zu verbessern. Die Zuordnung zu fest definierten Leistungsgruppen macht es für Einrichtungen attraktiver, mehrere Standorte zu größeren Einheiten zusammenzufassen, um eine höhere Versorgungsqualität zu erreichen. So lag die Bettenauslastung von 437.000 Betten in Allgemeinkrankenhäusern im Jahr 2021 bei nur zu 66 Prozent. Bei einer angestrebten Auslastung von 85 Prozent und einem ambulanten Wachstum läge der angestrebte Bedarf bei nur etwa 316.000 Betten. Ungefähr 1.200 Standorte würden somit für eine umfassende flächendeckende Absicherung genügen, das entspricht einer Reduktion um ca. 600 Häuser.
Womit lässt sich eine in der Reform vorgesehene Qualitätssteigerung bei erhöhten Fallzahlen erreichen und warum sollen größere Einheiten entstehen? Der Grund liegt im Lernkurveneffekt: Dieser besagt, dass die Effizienz eines Akteurs bei der Erledigung einer Aufgabe steigt, je häufiger er diese erfüllt. Diese Theorie bezogen auf ein Krankenhaus bedeutet, dass Behandlungen, welche regelmäßig durch die Akteure erbracht werden, weniger Fehler aufweisen und in einer kürzeren Zeit erbracht werden können.
Diskurs und Ausblick
Wie können die Ansätze der Krankenhausreform und insbesondere das Levelsystem bewertet werden? Manche Kritiker äußern, dass der Grundgedanke des Gesetzentwurfs, Krankenhäuser anhand vorgegebener Mindestzahlen an bestimmten Leistungsgruppen in Stufen einzuteilen, zu Fehlentwicklungen in der Krankenversorgung führen kann. Durch die Festlegung einer Mindestanzahl spezifischer Leistungsgruppen zur Erreichung eines Versorgungsniveaus werden negative Anreize für Patienten, Personal und damit auch für die Krankenhäuser selbst gesetzt. Die Patienten könnten annehmen, dass eine wirklich erstklassige Versorgung nur in Kliniken der Stufen 2 und 3 gewährleistet werden kann, unabhängig davon, ob der Eingriff sehr komplex ist oder nicht. Deshalb würden Patienten, die eine einfache Versorgung in kleinen Krankenhäusern der Grundversorgung – bei ebenfalls qualitativ hochwertiger Versorgung – erhalten könnten, eher Kliniken aufsuchen, die ein höheres Versorgungsniveau bieten. Langfristig würden Krankenhäuser mit einer hohen Versorgungsqualität mit einer großen Zahl von Patienten konfrontiert sein, die sie weder organisatorisch noch infrastrukturell aufnehmen könnten.
Der Vorteil der Reform kann darin gesehen werden, dass die Einführung des Levelsystems viele Chancen mit sich bringt. Wie bereits erwähnt, weist Deutschland im internationalen Vergleich eine sehr hohe Krankenhausdichte und eine verhältnismäßig große Zahl stationärer Behandlungen auf. Die Chance besteht insbesondere bei den zukünftigen Level-I-Häusern, dort finden die größten Änderungen statt. Sie sollen zukünftig vor allem die Grundversorgung im ländlichen Raum sicherstellen. Die Level-I-Häuser sollen medizinischen und pflegerischen Zentren entsprechen, welche wie bereits oben dargestellt in I(i) und I(n) unterschieden werden. Sie sollen der wohnortnahen Nachsorge nach einem Eingriff in einer Klinik mit einem höheren Level dienen. Hierzu wäre es notwendig, dass die Grenzen der ambulanten medizinischen Versorgung (niedergelassene Fachärzte), der stationären und ambulanten Langzeitpflege und Intensivpflege aufgebrochen werden. Die Krankenhäuser des Level I sollten als Zentrum für Lang- und Kurzzeitpflege und bei Bedarf mit einer integrierten Intensivmedizin und Notfallversorgung aufgebaut werden. Des Weiteren müssen diese Zentren eine ambulante ärztliche Versorgung der Fach- und Hausärzte im Sinne eines Medizinischen Versorgungs-Zentrums (MVZ) enthalten. Die Krankenhäuser des Level I könnten somit die Funktion eines Gatekeepers darstellen, indem zunächst geprüft wird, ob eine Behandlung aus medizinischer Sicht ambulant erfolgen kann. Krankheitsbilder, die nicht ambulant versorgt werden können, müssen an Einrichtungen der höheren Level zugewiesen werden. Dies könnte dazu führen, dass die stationären Behandlungen in Deutschland sinken würden.
Insbesondere im ländlichen Raum spielen die Einrichtungen des Levels I mit der Notfallversorgung eine wichtige Rolle, da dies Zeit bis zur Erstversorgung von Patienten von großer Bedeutung ist und diese Kliniken meist wohnortnäher liegen.
Insgesamt ist festzuhalten, dass die Einführung der Vorhaltepauschalen zu befürworten ist, da es den Krankenhausbetreibern mehr Planungssicherheit bietet. Die Einführung eines Levelsystems würde den bestehenden Markt des Krankenhaussektors stark verändern durch Fusionen und Krankenhausschließungen in der derzeitigen Form. Jedoch bietet diese Veränderung auch sehr viel Potential, um neue innovative Konzepte zu etablieren und durch Ansätze der Telemedizin bzw. Telepflege zu ergänzen.
Über den Autor:
Prof. Dr. rer. med. Michael Heinrich-Zehm ist Professor an der HFH Hamburger Fern-Hochschule, Studiengangsleitung des Gesundheits- und Sozialmanagement B.A und Trainer der Lehrgänge „Qualitätsmanagement im Gesundheits- und Sozialwesen I“ und „Qualitätsmanagement im Gesundheits- und Sozialwesen II“